Bei der Organisation Exit haben sich nach dem Freitod von Alt-Ständerat This Jenny überdurchschnittlich viele Neumitglieder registriert. Die Ärzteschaft ist beim Thema uneins.
Drei Viertel der Schweizer Ärzte halten gemäss einer Studie die Suizidhilfe durch einen Arzt für vertretbar. Doch nur eine Minderheit ist bereit, selbst bei einem Suizid zu helfen.
Konkret kann sich knapp die Hälfte Situationen vorstellen, in denen sie persönlich dazu bereit wären.
Ein gutes Viertel toleriert zwar Suizidhilfe, würde diese aber selbst nicht leisten, und ein Fünftel lehnt Suizidhilfe in jedem Fall ab. Die Studie wurde im Auftrag der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) erstellt.
«Die Resultate zeigen die Ambivalenz der Ärzte bei diesem Thema», sagte Michelle Salathé, Vize-Generalsekretärin der SAMW, auf Anfrage. Gemäss der Studie leisten derzeit nur wenige Ärzte selbst Suizidhilfe.
Für die Studie wurden Fragebögen an etwa 4800 zufällig ausgewählte Schweizer Ärzte verschickt und zwölf Mediziner in Einzelinterviews zu ihrer Haltung zur Sterbehilfe befragt. 1318 Ärzte (27 Prozent) haben den Fragebogen beantwortet. Die Zustimmung zur Sterbehilfe hängt für die Mehrheit von der konkreten Situation ab: Je eindeutiger eine rein körperliche Erkrankung vorliegt und je näher das Lebensende ist, desto eher akzeptieren sie die Suizidhilfe. So lehnen drei Viertel der Antwortenden die Suizidhilfe bei Hochbetagten, aber sonst gesunden Menschen ab.
Etwas mehr als die Hälfte lehnt die Suizidhilfe bei psychisch erkrankten Menschen ab. Die Zustimmung variiert aber auch mit der Fachrichtung der Antwortenden und ihrem Arbeitsort (Praxis oder Spital), dem Alter und der entsprechenden Erfahrung.
Die Stichprobe für die Studie wurde zwar zufällig aus der Schweizer Ärzteschaft ausgewählt, die Ergebnisse können jedoch wegen der unterschiedlichen Rücklaufquoten in verschiedenen Fachdisziplinen nicht als allgemeingültig für die gesamte Ärzteschaft betrachtet werden. Sie spiegeln vielmehr die Meinung von Ärztinnen und Ärzten wider, die an der Thematik interessiert und von ihr betroffenen sind.
Nach dem Freitod des krebskranken Glarner Alt-Ständerats This Jenny am letzten Samstag in Begleitung der Sterbeorganisation Exit haben sich täglich mehr als doppelt so viele Neumitglieder bei der Sterbehilfeorganisation gemeldet als zuvor.
Bereits am Sonntag habe Exit 200 Online-Anmeldungen erhalten, sagte Exit-Sprecher Bernhard Sutter gestern auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Am Montag seien nochmals 200 Anmeldungen eingegangen, am Dienstag 175.
Noch nicht erfasst seien die vielen per Post eingegangenen Anmeldungen. Auch seien mehrere hundert Bestellungen für Informationsmaterial eingetroffen von Personen, die sich eine Mitgliedschaft überlegen. In der Schweiz gibt es über 100 000 Exit-Mitglieder.
Sutter rechnet damit, dass die Zahl der Anmeldungen in den nächsten Tagen wieder auf das normale Niveau von etwa 50 bis 100 pro Arbeitstag sinken wird. Eine ähnliche vorübergehende Zunahme von Neumitgliedern gab es laut Sutter, als sich die Fussballtrainer-Legende Timo Konietzka in seiner selbst verfassten Todesanzeige bei Exit für die Unterstützung bedankt hatte.