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Wegen des Putsches in der Türkei sass der Bundespräsident in Ulan-Bator fest, wo er am 11. Asien-Europa-Gipfel unter anderem EU-Präsident Jean-Claude Juncker getroffen hatte. Letztlich flog Johann Schneider-Ammann einen Umweg und verbrachte dafür 7½ Stunden mit der deutschen Bundeskanzlerin.
Wie nur sollte er aus der Mongolei nach Bern zurückkehren? Das war am frühen Samstagmorgen die Sorge von Johann Schneider-Ammann. Wegen des Putsches in der Türkei sass der Bundespräsident in Ulan-Bator fest, wo er am 11. Asien-Europa-Gipfel unter anderem EU-Präsident Jean-Claude Juncker getroffen hatte. Schneider-Ammanns Rückflug war bei der Turkish Airlines gebucht. Am frühen Samstagmorgen, nach Istanbul.
Morgens um 4 Uhr Schweizer Zeit (5 Uhr in der Türkei) war der Putsch noch in Gang und unklar, ob die Maschine der Turkish Airlines in Ulan-Bator starten würde. Und ob sie in Istanbul würde landen können.
Fieberhaft suchte Schneider-Ammanns Team eine Lösung – und wurde bei Angela Merkel fündig. Die deutsche Bundeskanzlerin zeigte keinerlei Dünkel. Spontan erklärte sie sich bereit, die dreiköpfige Schweizer Delegation bei ihr im Airbus der Bundesrepublik Deutschland mitfliegen zu lassen.
Statt nach Istanbul flog Schneider-Ammann nach Berlin-Tegel. 71⁄2 Stunden lang sass der Bundespräsident bei Merkel in der Kanzlerkabine. «Es war womöglich das längste Gespräch, das ein Schweizer Bundespräsident je mit einem deutschen Regierungschef hatte», sagt Erik Reumann, Sprecher des Wirtschaftsdepartements (WBF). Auf dem langen Flug hätten Merkel und Schneider-Ammann die Zeit genutzt, um sich «über verschiedene Themen» auszutauschen. «Der Bundespräsident hat die Bundeskanzlerin über das Resultat des Gesprächs mit Jean-Claude Juncker informiert.» Vereinbart wurde in Ulan-Bator im Zusammenhang mit der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative die technischen Diskussionen in den nächsten Wochen zu intensivieren.
Die politische Würdigung der Diskussionen soll am 19. September stattfinden, wenn Juncker die Schweiz besucht. Das tut er im Zusammenhang mit dem Gedenken an die Europa-Rede von Winston Churchill vor 70 Jahren an der Uni Zürich am 19. September 1946. In Ulan-Bator nicht besprochen wurde der Vorschlag von EU-Ratspräsident Martin Schulz. Es sei in erster Linie um den Kalender gegangen, sagt Reumann. Dass die Gespräche beschleunigt würden, sei aber «ein positives Resultat».
Schulz selbst hatte in einem Treffen mit einer Ständeratsdelegation um Ständeratspräsident Raphaël Comte Anfang Juli von einer «Zwischenlösung» zu sprechen begonnen. Den Begriff verwendete er auch in der «Tagesschau». «Die Schweiz hat bindende Verträge mit uns abgeschlossen, die nur dann in Gefahr kommen, wenn wir nicht eine Zwischenlösung finden», sagte er. «Ich bin dafür, dass wir die Zwischenlösung finden.» Ein «interessanter Ansatz», wie FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter findet. «Wir würden Zeit gewinnen, könnten die Masseneinwanderungsinitiative einseitig umsetzen. Im Vordergrund dafür steht der Inländervorrang. Bis zu einem vereinbarten Zeitpunkt müssten die Schweiz und die EU dann eine gemeinsame Lösung vorweisen.»
Auch CVP-Nationalrätin Kathy Riklin glaubt, die Schweiz brauche «eine interne Zwischenlösung mit inländischen Massnahmen». Sie sagt: «Wir sollten die Frist nicht buchstabengetreu einhalten.»
Die Situation bleibt vertrackt für die Schweiz, der Brexit lässt grüssen. Das haben auch Schneider-Ammann und Juncker festgehalten. Dass es immer eine Lösung gibt, zeigte sich in Ulan-Bator. Selbst in den Wirren eines Putsches. Der Schweizer Bundespräsident kehrte gesund und munter nach Bern-Belp zurück. Via Berlin-Tegel. Angela Merkel sei Dank.