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Schweiz
Das neue Computergame der SVP zur Minarett-Initiative polarisiert. Inmitten einer friedlichen Schweizer Landschaft schiessen unzählige Minarette aus dem Boden, die vom Spieler abgeschossen werden müssen - sonst erscheint ein Muezzin, der zum Gebet ruft. Geschmacklos? Nein, logisch - findet der Parteisekretär der SVP Aargau.
Claudia Landolt Starck
Die Zeitung «Sonntag» hat es enthüllt: Das neue Computergame der SVP im Zuge der Minarett-Inititative. Seit Sonntag ist es aufgeschaltet. Worum es dabei geht?
Zu Beginn des Spiels wird eine friedliche Landschaft gezeigt. Im Hintergrund Schwyzerörgeli-Musik. Dann schiessen unzählige rotgefärbte Minarette aus dem Boden. Der Spieler muss auf die Gebetstürme zielen - jeder Treffer bringt ein Minarett zum Verschwinden. Wenn man nicht trifft, kommt der Muezzin auf das Minarett, der zum Gebet ruft.
Mit dem Computerspiel reagiert das Initiativkomitee auf den Wirbel, den diese Woche eine Lautsprecheranlage auf einem Minarett in der Nähe von Rheinfelden auslöste. Dort rief der Muezzin mit 30 Watt Verstärkung zum Gebet - was bis in die Schweiz zu hören war. Inzwischen wurden die Lautsprecher wieder abmontiert.
Als «geschmacklos», beurteilt Saïda Keller-Messahli, Präsident des Forums für einen fortschrittlichen Islam, gemäss «Sonntag» das neue Computer-Game der Rechtspopulisten: «Die Schamgrenze ist überschritten.» Offenbar heilige der Zweck jedes Mittel, entrüstet sich Hisham Maizar, Präsident der Föderation islamischer Dachverbände der Schweiz: «Den Initianten ist alles recht, um die Volksmeinung zu beeinflussen.» Das Spiel suggeriere, der Muezzin sei der nächste Schritt: «Auf Schweizer Minaretten gab es noch nie einen Muezzin und es wird auch keinen geben.»
Der Aargauer Grossrat und Parteisekretär der SVP Aargau, Pascal Furer, meinte auf Anfrage von a-z.ch. am Sonntag: «Die Logik des Minarett-Games entspricht der Realität. Werden Minarette erlaubt, ist auch der Muezzin nicht fern. Das sieht man ja schon am Beispiel Rheinfelden. Das Minarett ist der erste Schritt zur Islamisierung.»
Entwickelt hat das Online-Game die Hausagentur der SVP: Die multiplikatorenwirksame Werbe- und PR-Firma Goal in Dübendorf, die bereits die umstrittenen Anti-Minarett-Plakate entwarf, und auch bereits mit dem «Schafplakat» der SVP im Jahr 2007 den Wahlkampf zumindest marketingtechnisch dominierte. Auch für das in Tränen aufgelöste Mädchen auf den zürcherischen «Harmos»-Plakaten war er verantwortlich. Einem Journalisten des «Tages-Anzeigers» antwortete Segert auf die Frage, wie er denn das Mädchen für das Foto zum Weinen gebracht habe, antwortete er: «Es brauchte nur das Wort Harmos zu hören, und schon heulte es los.» Der TA-Journalist fand später heraus, dass das Mädchen aus Hawaii stammte.
Als Geschäftsführer der Werbeagentur Goal in Dübendorf ZH fungiert Alexander Segert. Dieser war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Segert stammt aus Hamburg, studierte Germanistik und wollte Journalist werden. Seinen ersten Job fand er bei SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer, in dessen erzkonservativer «Schweizerzeit». Segert war selbst einmal Anhänger der rechten Psychosekte VPM im sinne einer «intellektuellen Herausforderung», wie es der «NZZ am Sonntag» erklärte. In Österreich, wo Segert für die Voralberger FPÖ den Wahlkampf managte, nannte man den Werber nur den «Rattenwerber aus der Schweiz».
Das Rezept für Segert Polit-PR ist simpel: «KISS - Keept it simple and stupid.» (Halte es einfach und blöd.)