Mettmenstetten
Milizsystem auf dem Prüfstand

In Mettmenstetten hat am Donnerstagabend auf Einladung der FDP eine Informationsveranstaltung zum Thema «Reformen der Gemeindestrukturen» stattgefunden. Nur zwei Dutzend Zuhörer lauschten den erfahrenen Referenten.

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Diskussionsrunde Mettmenstetten

Diskussionsrunde Mettmenstetten

Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern

Von Martin Platter

Eigentlich schade: Da wird landauf landab über Kostenoptimierungen durch Fusionen, Professionalisierung und Strukturoptimierung von öffentlichen und privaten Trägerschaften debattiert. In Mettmenstetten bestand am Donnerstagabend die Möglichkeit, kompetenten Referenten zuzuhören - aber kaum jemand nutzte die Gelegenheit.

Vielleicht lag es am allgemein gehaltenen Titel? Die Stossrichtung war jedoch eindeutig: Drei der Referenten - Roland Wetli vom Zürcher Gemeindeamt, Josef Elmiger, Steuergruppenleiter währen der Fusion zu «Hitzkirch 7» und Philipp Rölli, Geschäftsführer der Gemeinde Rothenburg - erzählten von ihren mehrheitlich positiven Erfahrungen mit und nach Gemeindefusionen. Die Affoltemer Gemeindepräsidentin Irene Enderli sprach sich für die bestehenden Strukturen mit Zweckverbänden aus, wie sie derzeit im Säuliamt vorherrschen.

Veraltete Strukturen in komplexem Umfeld

«2008 sind 79 Gemeinden in der Schweiz », leitete Gesprächsleiter Rittmeyer ein. Wetli relativierte jedoch, dass in den angrenzenden Kantonen bezüglich Gemeindefusionen viel laufe. Im Kanton Zürich dagegen habe man letztmals 1934 Politische Gemeinden zusammengeschlossen.

Anders verhalte es sich bei den Schulgemeinden, wo es seit dem Jahrtausendwechsel 45 weniger gebe, die sich entweder untereinander oder mit der Politischen Gemeinde verschmolzen haben. Wetli lokalisierte weiteren Handlungsbedarf, denn die Gemeindestrukturen im Kanton Zürich seien nicht mehr zeitgemäss, stammten sie grösstenteils aus der Zeit zwischen 1800 und 1850.

Mit Durchschnittlich 3500 Einwohnern seien Zürcher Gemeinden im schweizweiten Vergleich zwar relativ gross. Doch es gebe daneben 34 Kommunen mit weniger als 1000 und rund doppelt so viele Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern. Die geringen Einwohnerzahlen führten dazu, dass viele Gemeindeaufgaben an Zweckverbände oder den Kanton übertragen werden müssen. «Im Durchschnitt ist eine Zürcher Gemeinde in sieben Zweckverbänden. Deshalb stimmt die Formel, nur bedingt. 90 Prozent des Budgets sei mit derartigen Strukturen fremdbestimmt», führte Wetli aus.

Noch kein Fusionsanreiz wegen Finanzausgleich

Der herrschende Finanzausgleich stütze die kleinen Gemeinden jedoch. Das werde sich aber bald ändern. Im neuen Finanzausgleich, der derzeit an der Ausarbeitung sei, spiele die Einwohnerzahl keine Rolle mehr. «Sparen ist aber nicht das Hauptanliegen des Regierungsrates. Es geht um die professionelle Gemeindeführung und ebensolche -Strukturen in einem laufend komplexer werdenden gesetzlichen Umfeld», schloss Wetli sein Referat.

Die beiden folgenden Redner aus dem Kanton Luzern bestätigten, dass bei ihnen die Reform des kantonalen Finanzausgleichs der Auslöser für die Änderung der Gemeindestrukturen gewesen war. Als zu ambitioniert habe sich jedoch «Hitzkirch 11» herausgestellt, rekapitulierte der Steuergruppenleiter des Projektes, Josef Elmiger.

Am Lindenberg zwischen Hallwiler und Baldeggersee hätte vor drei Jahren aus elf Kommunen eine 41 Quadratkilometer grosse Gemeinde mit 7500 Einwohnern entstehen sollen. Doch das Vorhaben scheiterte an der Urne. Man redimensionierte es auf die sieben Gemeinden Retschwil, Gelfingen, Sulz, Müswangen, Hämikon, Mosen und Hitzkirch, in denen die Grossgemeinde schliesslich gutgeheissen wurde.

Sie umfasst nun 27 Quadratkilometer und 4500 Einwohner. Elmigers Fazit: «Der Fusionsperimeter von Hitzkirch 11 war zu gross.» Und: «Die Gemeindevertreter müssen Führungsverantwortung übernehmen und beim Stimmvolk Vertrauen schaffen. Sonst fallen derartige Projekte durch.» Geholfen habe, dass sich der Kanton Luzern finanziell sowie mit einem Projektbegleiter und einer Kommunikationsfachfrau aktiv an der Fusionsarbeit beteiligt habe.

«Zweckverbände haben sich bewährt»

Irene Enderli zeichnete in ihren Ausführungen übers Säuliamt einen harmonischen Gemeindeverbund, dessen Kitt die zahlreichen, gut funktionierenden Zweckverbände sind. Wenn Fusionen unabdingbar seien, müsse zuerst die Politische mit der Schulgemeinde fusioniert werden. «70 Prozent der Kosten in einer Gemeinde fallen in den Schulen an», erklärte Enderli.

Im Kanton Zürich fehlten jedoch die finanziellen Anreize, Fusionen voranzutreiben. Überdies erachte sie es als wichtig, dass sich die Bürger mit der Gemeinde identifizierten. «Ein Fusionsprozess sollte nicht unter Zwang eingeleitet werden», beendete die Affoltemer Gemeindepräsidentin ihr Votum.

Philipp Rölli, seit 18 Monaten Geschäftsführer der Gemeinde Rothenburg, berichtete von der neuen Aufgabenteilung zwischen Gemeinderat und Verwaltung. Bisher seien die Gemeinderäte zu stark ins Tagesgeschäft involviert gewesen und hätten sich zu wenig mit der strategischen Führung ihrer Ressorts beschäftigt.

Das habe sich nun geändert, bedinge aber eine regelmässige und umfassende Kommunikation. «Die Pensen und Sitzungen der Gemeinderäte konnten mit den neuen Strukturen markant verringert werden», bilanzierte Rölli. Anfangs habe das vereinzelt zu Widerstand geführt, weil sich Gemeinderäte um ihren Kompetenzbereich sorgten.

Wie gross ist nun die ideale Zürcher Gemeinde, war die prägende Interpellation in der anschliessenden Umfrage. «Sekundarschul-Kreisgemeinden haben sich bisher als gute Grössenordnung bewährt», antwortete Wetli. Als Dankeschön gab`s für einmal keinen Ämtler Wein, sondern Seidenkrawatten und -Halstücher von Weisbrod Zürrer.