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Schweiz
Ab heute streitet die GPK in Bern zum zweiten Mal über den Parmelin-kritischen Bodluv-Bericht. Eine Einigkeit der verschiedenen Lager ist dabei allerdings nicht absehbar.
Das Scherbengericht geht in die Verlängerung. Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) der eidgenössischen Räte zu Bern beugen sich heute zum zweiten Mal über den Bodluv-Bericht ihrer sechsköpfigen Arbeitsgruppe. Im Bericht wird Verteidigungsminister Guy Parmelin (SVP) scharf dafür kritisiert, dass er das Luftabwehrprojekt im letzten Frühling stoppte. Das sei ein Fehler gewesen, so die Parmelin-Kritiker, der 20 Millionen Franken gekostet habe.
Beim ersten Anlauf im Dezember schafften es die GPK nicht, den Bericht zu verabschieden. Zu weit auseinander lagen die Meinungen. FDP und CVP wollten den Bericht durchdrücken, eine starke Minderheit von Linken und Teilen der SVP widersetzte sich feurig.
Die Arbeitsgruppe unter SP-Ständerat Claude Janiak hat den Bericht mittlerweile etwas entschärft. Wie dies Janiak im Dezember gegenüber der «Nordwestschweiz» ankündigte: «Wir werden jetzt gestützt auf die Diskussion die eine oder andere Formulierung im Bericht von uns aus ändern. Die GPK-Mitglieder können ihrerseits Anträge einreichen.»
Aber der Tenor im Bericht bleibt der gleiche, und ein neuer Eklat um Bodluv scheint programmiert, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. Das Lager, das Parmelin die Stange hält, dürfte dabei kleiner sein als das seiner Gegner. Die GPK, die solche Berichte sonst nach gewalteter Debatte einhellig verabschiedet, dürfte keinen Konsens finden. Zu unversöhnlich scheinen die Lager im Geschäft, bei dem es nicht nur um Milliarden geht, sondern auch darum, wer beim Verteilen das Sagen hat.
Die Waadtländer Ständerätin Géraldine Savary (SP), die Parmelin in dieser Sache kräftig unterstützt, macht gegenüber der «Nordwestschweiz» deutlich: «Ich werde mich dem vorgeschlagenen Bodluv-Bericht und auch den Empfehlungen darin widersetzen.» Auf die Frage, ob sie das aus Solidarität zu ihrem Waadtländer Kantonskollegen Parmelin tut, sagt die Ständerätin: «Nein, ich bin ja nicht SVP-Mitglied. Es ist die Pflicht der Politik, sich gegenüber der Verwaltung durchzusetzen und darauf zu schauen, dass keine Steuergelder verschwendet werden. Das hat Parmelin mit der Sistierung getan, und darum unterstütze ich ihn.»
Die Supporter von Parmelin machen geltend, der Verteidigungsminister habe völlig richtig gehandelt. Denn das Luftabwehrprojekt wurde immer teurer, von anfänglich 500 Millionen stiegen die vermuteten Kosten auf über einen Milliarde Franken. Parmelin zog im Frühling die Reissleine, um ein Debakel wie beim 750-Millionen-Flop FIS-Heer seiner Vorgänger zu verhindern und das Projekt zu überprüfen.
Und auch, um es auf die geplante Beschaffung von neuen Kampfjets abzustimmen. Eine Expertengruppe ist derzeit daran, die Grundlagen für ein Gesamtkonzept der «dritten Dimension» vorzuspuren, also Zusammenspiel von Flugzeugen und Raketen am Boden.
Die Parmelin-Supporter sehen im Bericht nach wie vor eine politische Abrechnung. Nicht zur Beruhigung der Gemüter trägt bei, dass die Bodluv-Arbeitsgruppe nur aus Deutschschweizern bestand und nur gerade einem Vertreter von Rot-Grün. Neben Präsident Janiak sassen Doris Fiala und Damian Müller (beide FDP), Thomas de Courten und Alex Kuprecht (beide SVP) und Ida Glanzmann (CVP) in der Gruppe. Alles in allem eine von Anfang an Parmelin-kritische und rüstungsindustrienahe Zusammensetzung. Diese Gruppe dürfte darauf drängen, das sistierte Bodluv schnell neu zu starten.