Für Raucher ist der 1. Mai 2010 ein nationaler Trauertag. Dann nämlich gilt schweizweit das Rauchverbot in öffentlichen Räumen. Wirte und Veranstalter der Region wissen indes noch nicht, wie damit umgehen und fühlen sich schlecht informiert.
Von Günter Zimmermann
An diesem Entscheid gibt es vorerst nichts mehr zu rütteln. Der Bundesrat hat im Herbst beschlossen, das neue Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen in allen 26 Kantonen einzuführen. Bislang war dies Sache der Kantone - 15 Stände kennen denn auch schon ein Rauchergesetz, der Aargau indes wartete ab, bis die dampfende Problematik national geklärt wird.
Seit nun aber klar ist, dass auch in unserem Kanton ab dem 1. Mai die Aschenbecher in Beizen und öffentlichen Gebäuden von den Tischen verschwinden, sieht man auch in der Region Wirte und Veranstalter mit Messmeter durch ihre Häuser laufen und diese ausmessen. Denn das neue Gesetz erlaubt jenen Betrieben, deren Fläche 80 Quadratmeter nicht übersteigen, eine Ausnahmebewilligung für ein so genanntes Raucherlokal.
Wie die 80 Quadratmeter gemessen werden müssen, ist jedoch verwirrend. Denn jene Wirte, die bislang der Meinung waren, sie könnten eine solche Sonderbewilligung erhalten, kamen spätestens dann auf die Welt, als der Branchenverband Gastro Aargau kürzlich das Merkblatt 21 für Gastronomiebetriebe verschickte.
Darauf ist nämlich festgehalten, dass sich diese 80 Quadratmeter nicht alleine auf den bedienten Beizenraum beschränken, sondern auch etwa Garderoben, Toilettenanlagen, Korridore oder Kegelbahnen beinhaltet sind. Dieses Blatt wurde indes gar nicht allen Wirten zugestellt, da es nur an die Mitglieder von Gastro Aargau versendet wurde, wie Thomas Stadelmann, Leiter Inspektorat beim Kantonalen Amt für Verbraucherschutz, erklärt. Wer dies nicht ist, bleibt auf sich selbst eingestellt.
So fühlen sich viele Wirte schlecht informiert, wie sie auf die neue Situation reagieren sollen. Und auch zeitlich überfordert. Denn dass das Gesetz bereits am 1. Mai in Kraft tritt, bringt organisatorische Probleme. Einerseits müssen diejenigen, die ein Fumoir einrichten wollen, teilweise ein Baugesuch einreichen, um bautechnische Veränderungen vornehmen zu können. Geht hier eine Einsprache ein, ist die Frist wohl kaum mehr einzuhalten.
Auf der anderen Seite, so moniert beispielsweise Peter Siegrist vom Aarburger Moonwalker, sei der Termin deshalb dumm gewählt, weil viele Beizen ihre Betriebsferien zu einem späteren Zeitpunkt gewählt hätten und somit ein allfälliger Umbau in die Betriebszeit fallen würde, was wiederum einen Umsatzrückgang bedeute. Ob für die Betriebe die Zeit reicht, ist für Thomas Stadelmann «sehr individuell». Er weist jedoch darauf hin, dass Beizen, die bis zu diesem Zeitpunkt keine baulichen Veränderungen tätigen konnten, ja nicht schliessen, sondern einfach nur rauchfrei sein müssen.
Eine Umsatzeinbusse befürchten nahezu alle angefragten Wirte. Selbst solche, die schon bis anhin einen Nichtraucherbetrieb geführt haben. Sie konnten auf ein treues Stammpublikum zählen, das sich nun aber wohl verteilen werde, da das Angebot für die Zigarettenabstinenten von einem Tag auf den anderen riesig würde. Einzig Patrick Lorenzon vom Zofinger Kulturveranstalter «OX. Kultur im Ochsen» glaubt, dass das finanzielle Problem kaum grosse Ausmasse annehmen werde.
Seine Befürchtung geht in eine andere Richtung: «Wenn wir 100 Leute an einem Konzert haben und die Hälfte steht vor der Tür und raucht, wird das für die Nachbarn einige Lärmbelästigungen mit sich ziehen.» Als Beispiel führt er das Kulturlokal Kofmehl in Solothurn an, das seit dem kantonalen Rauchverbot mehrere Lärmklagen am Hals hat. Auch für Peter Siegrist geht die Logik nicht auf: «Wir haben ein Lärm- und ein Rauchergesetz. Beide zusammen funktionieren so aber nicht.»
Ein weiterer Faktor, der vielen Betroffenen kaum bewusst war, liegt in der Zukunft des Rauchergesetzes. Denn verschiedene Parteien kündigten bereits an, Initiativen zur Verschärfung, aber auch zur Erleichterung des Gesetzes zu starten. Wer jetzt also für viel Geld extra ein Fumoir einrichtet, sieht sich später vielleicht mit der Tatsache konfrontiert, dass auch dieses dann verboten wird. Auf dem Merkblatt 21 wird dieses Problem dann auch angeschnitten, ohne jedoch eine Lösung aufzeigen zu können: «Wir empfehlen bei Investitionen in ein Raucherlokal oder einen Raucherraum, diese Unsicherheit zu berücksichtigen.»