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Magdalena Martullo-Blocher, Ems-Chefin und Tocher von SVP-Strategiechef Christoph Blocher, zieht eine Kandidatur in Betracht. Doch wie wahrscheinlich ist dieses Szenario?
Die SVP ist im Umbruch: Seit Freitag hat die grösste Partei mit Thomas Aeschi einen neuen Fraktionschef. Präsident Albert Rösti ist nicht unumstritten. Strategiechef Christoph Blocher geht gegen die 80 zu und der Rücktritt von Bundesrat Ueli Maurer (67) rückt näher. Der Finanzminister bleibt zwar sicher noch bis Ende 2019, seine Nachfolge wird aber bereits intensiv diskutiert.
Nun hat sich die Bündner Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher positioniert: «In einem Notfall, wenn die EU uns plötzlich unerwartet stark unter Druck setzen würde, würde ich das Amt wohl in Betracht ziehen, sonst nicht», sagte die Ems-Chefin im «SonntagsBlick». Ähnlich äusserte sie sich kürzlich bereits in der «Südostschweiz». Dort sagte sie zudem: «Eigentlich wollte ich auch nie zur Ems-Chemie oder in die Politik – und was mache ich heute? Mein Leben ist offenbar so: Irgendwie ist die Konstellation dann so und dann mache ich es halt auch noch ...»
Die SVP-Nationalrätin klingt wir ihr Vater Christoph Blocher. Dieser sah die Wahl in den Bundesrat (und die Politik ganz grundsätzlich) stets als «Auftrag» an.
Martullos Worte sind deshalb von Bedeutung, weil die SVP-Fraktion zwar 64 Nationalräte und 6 Ständeräte zählt, valable Bundesratskandidaten aber rar sind. Oft genannt werden die beiden Zürcher Vertreter Gregor Rutz und Roger Köppel, der ehemalige Parteipräsident Toni Brunner, Magdalena Martullo und Peter Spuhler, falls er denn tatsächlich ein politisches Comeback gibt.
Rutz ist zwar ehemaliger SVP-Generalsekretär, aber kein Blocher-Intimus – anders als «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel. Dieser ist wie Martullo ein politischer Quereinsteiger. In der Bundeshausfraktion geniesst die Bündner Nationalrätin allerdings eine höhere Akzeptanz: Sie sei breiter in den Themen, arbeite viel und sei auch sozial integriert, sagt ein SVP-Nationalrat.
SP-Präsident Christian Levrat hat eine mögliche Bundesratskandidatur Martullos kürzlich in dieser Zeitung «eine politische Provokation» genannt. Sie politisiere am ultrarechten Rand: «Das wäre, wie wenn wir Juso-Präsidentin Tamara Funiciello aufstellen würden.»
Allerdings gibt es durchaus auch Anerkennung für Martullos politische Arbeit aus anderen Parteien. Ein CVP-Vertreter sagt, mit Martullo könne man «Deals» machen. Die Zusammenarbeit sei konstruktiv. Bewiesen hat sie dies etwa bei der (vom Volk zwar abgelehnten) Unternehmenssteuerreform III: Martullo war wesentlich an einem – in der letzten Minute – geschmiedeten Kompromiss bei der Dividendenbesteuerung und der zinsbereinigten Gewinnsteuer beteiligt, der die Zustimmung der Kantone gesichert hat.
Bundesrätin Martullo? Das Szenario ist nicht unwahrscheinlich. Entscheidend dürfte aber sein, was Toni Brunner und Peter Spuhler politisch noch vorhaben. Kommt der Thurgauer nach Bern zurück, wäre er ein ernstzunehmender Kandidat, politisch breit abgestützt und ein Unternehmer (wie Martullo). Brunner wiederum hat Bundesratsambitionen stets verneint. Doch dass der Toggenburger Landwirt nur noch aus Spass, ohne jegliche Ambitionen, im Nationalrat politisiert – daran zweifeln die Berner Auguren.