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Der oberste Schweizer Bauer, Markus Ritter, kontert die Kritik am Powerplay seines Verbandes. Er spricht von Gerüchten, die durch andere Interessengruppen über den Bauernverband verbreitet werden.
Markus Ritter: Überhaupt nicht. Die Namen der Politiker, die gegen die Anliegen der Landwirtschaft antreten, sind uns seit langem bekannt – es sind immer dieselben. Bis jetzt gehörten sie bei Abstimmungen im Parlament zu Landwirtschaftsfragen fast immer zu den Verlierern.
Das stimmt. Aber SP und GLP haben unsere Anliegen schon bisher kaum je unterstützt. Und die FDP ist und bleibt in Landwirtschaftsfragen gespalten: Ein Drittel ihrer Fraktion ist bauernfreundlich, zwei Drittel nicht.
Alle Zahlungen basieren auf Artikel 104 der Bundesverfassung, den das Volk vor 20 Jahren sehr deutlich angenommen hat. Wenn Noser und andere Kritiker diese Zahlungen infrage stellen, kompromittieren sie unsere Chance, dem in der Verfassung verbrieften Leistungsauftrag gerecht zu werden.
Capaul hat mit seiner zustande gekommenen Hornkuhinitiative einen schönen Einzelerfolg erzielt. Aber er spricht für sich alleine und nicht für die Branche. Der Bauernverband ist sehr nah an der Basis. Wie ein Wanderprediger ziehe ich das ganze Jahr durch die Kantone, um zu erfahren, was unsere Bäuerinnen und Bauern beschäftigt. Tag für Tag vertreten wir die Anliegen aller 53 000 Bauernfamilien.
Wir sind überhaupt nicht gierig. Wir haben seit längerer Zeit keine Anträge für höhere Direktzahlungen mehr gestellt. Unser Ziel ist es einzig und allein, die bestehende Unterstützung zu erhalten. Ohne diese kann die Schweizer Landwirtschaft nicht überleben.
Dieser Eindruck ist völlig falsch! Seit Jahren ist die Landwirtschaft der einzige Politikbereich, in dem die Ausgaben nicht anwachsen. Wir haben nur jene Gelder eingefordert, die uns vom Bundesrat und vom Parlament bei der letzten Agrarreform versprochen wurden.
Bei der Frage der Gewinnbesteuerung kämpfen wir bloss darum, gleich behandelt zu werden wie Privatpersonen und Firmeninhaber – so, wie das bis 2011 der Fall war. Bei der Beratung des Geschäftes im Bundesrat hatte Parmelin eine mögliche Grundstückgewinnbeteiligung offenbar nicht präsent – hierfür hat er sich entschuldigt.
Ich verstehe ihn. Persönlich habe ich die Einführung eines Vaterschaftsurlaubs unterstützt, weil ich ihn für sowohl zeitgemäss als auch finanzierbar halte. Der Bauernverband hat hierzu keine Position gefasst, weil die Landwirtschaft von einem Vaterschaftsurlaub nicht stärker betroffen wäre als der Rest der Gesellschaft.
Das kann man klar mit Nein beantworten. In regelmässigen Umfragen wird der Schweizer Landwirtschaft ein hervorragendes Image attestiert. Wir stehen viel besser da als andere Branchen.
Die nötigen Unterschriften für diese Initiative haben wir in Rekordzeit gesammelt. Und auch der Bundesrat hat in einem Bericht festgestellt, dass bei der Ernährungssicherheit eine Lücke in der Verfassung besteht. Wir treffen mit dieser Initiative einen Nerv der Zeit.
(Schmunzelt). Das Parlament kann man nicht kontrollieren. Bei jeder Vorlage müssen wir eine Mehrheit der 200 National- und 46 Ständeräte mit Argumenten überzeugen. Die Mehrheiten kommen nicht zufällig zustande, sondern basieren auf langwierigen Diskussionen.
Auch in diesen drei Parteien, bei denen Landwirte selbstredend nicht in der Mehrheit sind, wird sehr kontrovers diskutiert. Diese Fraktionen für unsere Anliegen zu gewinnen, ist kein Selbstläufer.
Durchaus. Wir Bauern sind im Parlament in fünf Fraktionen verteilt: Grüne, CVP, BDP, FDP und SVP. Aber wir ziehen alle am gleichen Strick und in die gleiche Richtung. In der Landwirtschaft ist die Nachbarschaftshilfe eine tief verankerte Selbstverständlichkeit – und dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ist auch im Parlament zu spüren.
Jeder Parlamentarier und jede Parlamentarierin kann stimmen, wie er oder sie will. Von uns wird niemand unter Druck gesetzt.
Ich telefoniere keinen Parlamentariern nach, das ist weder meine Aufgabe noch meine Art. Die Branchenmedien berichten über das Abstimmungsverhalten von uns Parlamentariern, weil sie glauben, dass dies ihre Leserschaft interessiert. Und wenn ein Nationalrat im Ständerat zuhört, dann primär deshalb, weil er sich für die in der Debatte vertretenen Argumente interessiert. Ich selbst tue das übrigens schon seit längerem nicht mehr.
Das sind allesamt Gerüchte, die von Verliererseite gestreut werden. Hieraus spricht der Neid anderer Interessengruppen. Viele von ihnen haben teuer bezahlte Lobbyisten angestellt, agieren aber viel erfolgloser als wir.
Grundsätzlich beurteilen wir jedes Geschäft für sich. Die USR III kostet sehr viel, und die nach wie vor fehlende Gegenfinanzierung stört mich noch immer. Aber es ist so: Wir Bauern führen ständig Gespräche mit bürgerlichen Parteien und Wirtschaftsverbänden und suchen nach tragfähigen Lösungen. Es geht dabei nicht um Gegengeschäfte, sondern um das Finden von Mehrheiten.
Nein. Ich bin nur gut vorbereitet, dossierfest und immer früh dran. Es ist entscheidend, die richtigen Argumente zum richtigen Zeitpunkt bereit zu halten. Den Frust jener, die jeweils zu spät kommen, kann ich gut verstehen.