Im Aargauer Jugendparlament referierte Politikwissenschafter Claude Longchamp – dennoch kamen nur wenige. Das führte zu einer heftigen Debatte.
Sabine Kuster
Das Programm der Herbstsession des Juvenats im Grossratsgebäude am Samstag war exzellent: Morgens diskutierten die Jugendlichen entweder mit Thomas Eichenberger vom Aargauer Beratungsdienst für Ausbildung und Beruf (Ask) über Jugendarbeitslosigkeit oder mit Thomas Roth vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) über den Klimawandel. Am Nachmittag referierte niemand Geringeres als Claude Longchamp über die Schweizer Politik.
Doch dieser schloss mit den Worten: «Auch Sie haben Herausforderungen vor sich: Schauen Sie, dass dieser Saal voll wird.» Vor ihm sassen gerade mal 19 Jugendliche.
Viele Anlässe, wenig Präsenz
Die schwache Präsenz im Rat und im Parlament war Thema der anschliessenden Debatte. Ratspräsident Burak Akyol präsentierte zwei Listen: Die eine zeigte eine beachtliche Anzahl Anlässe, die man 2009 organisiert hatte - die andere war die Absenzenliste des Rates. Nur einer der sieben Jugendräte war an allen 15 Sitzungen anwesend gewesen - eine Rätin bloss an zweien. «So geht es nicht weiter», sagte Akyol, «und dass Longchamp vor so wenigen referierte, war erniedrigend.» Damit nahm er einen Teil der Kritik vorweg, die auf dem Fuss aus dem Saal folgte. Jungsozialist Alex Gebhard forderte, wer sich für das Amt verpflichte, solle volles Engagement zeigen. Er warf den Räten vor, sie hätten bei der Amtsannahme den Arbeitsaufwand unterschätzt.
2010 wird das Aargauer Jugendparlament 10 Jahre alt. «Diese Konstanz ist erstaunlich!», sagt SP-Fraktionspräsident Dieter Egli, der 1989 bei der Entstehung der Juvenat-Idee dabei war. Über all die Jahre schwankte die Zahl der Jugendlichen im Parlament zwischen 10 und 50. Die Mitglieder sind 14- bis 26-jährig und oft auch in Jungparteien. Doch die Parteizugehörigkeit soll im Parlament nicht spürbar sein. Der Juvenat wird vom siebenköpfigen Jugendrat organisiert. (kus)
Ohne Parteigeplänkel gehts nicht
Darauf erwiderte JSVP-Präsident Tobias Mittner: «Die Kritik ist unglaubwürdig.» Die Juso kritisiere Präsident Akyol nur deshalb so heftig, weil vor einem Jahr bei der Wahl ihre Kandidatin unterlegen sei. Und die Rätin mit den 13 Absenzen sei ja just ein Juso-Mitglied. «Schaut doch, dass eure Mitglieder ihre Ämter erfüllen!»
Juso-Präsidentin Andrea Arezina protestierte: «Wir sind alle genug alt. Ich bin nicht das Mami meiner Leute.» Gebhard warf ein: «Hören wir doch auf mit den Partei-Schuldzuweisungen. Wir sind die Jungen! Die Partei soll hier keine Rolle spielen - ich habe den Juvenat kritisiert, egal, ob eines unserer Mitglieder betroffen ist oder nicht.»
Er werde an der Frühlingssession den Antrag einreichen, eine 10%-Sekretariatsstelle zu schaffen und den Jugendrat durch den Grossen Rat wählen zu lassen, um im Gegenzug das Motionsrecht zu erhalten. Denn deswegen sei es heute schwierig, Jugendliche für den Juvenat zu gewinnen: «Man kann nicht wirklich etwas bewirken.» 2008 hatte der Juvenat erstmals politischen Einfluss genommen und eine Abstimmungsparole herausgegeben (Ja zum neuen Grossratswahlgesetz).
Jubiläumsjahr mit Bundesrat?
Ratspräsident Burak Akyol verlor die Zuversicht trotz Kritik nicht und konnte am Ende der Session die jungen Parlamentarier für ein gemeinsames Ziel gewinnen: «Nächstes Jahr ist der Juvenat 10 Jahre alt: Wir werden im Jubiläumsjahr den Saal füllen!» Noch vor Weihnachten soll ausserdem ein Organisationskomitee für spezielle Jubiläumsanlässe gegründet werden. «Wenn wir zusammenarbeiten, schaffen wir es, dass ein Bundesrat hierherkommt.»