Seine stramm rechtsbürgerliche Ausrichtung ist für Nationalrat Roland Borer (58) nicht allein eine Überzeugungssache. Er hat als langjähriger Nationalrat viel Erfahrung und Fachwissen gesammelt. Bisweilen muss der ehemalige Berufssoldat seiner SVP-Fraktion sogar die Armeewelt erklären.
Andreas Toggweiler
Roland Borer ist eine bekannte Figur geworden in der Solothurner und in der nationalen Politik. Er gehörte zu den Mitbegründern der politischen Bewegung, die in den 1980er-Jahren als Autopartei die Welt auf die Devise freie Fahrt für freie Bürger reduzierte. 20 Jahre später ist die Autopartei Geschichte. Aber Roland Borer ist noch immer da. Er hat bei der SVP seine Heimat gefunden, der Partei, welche zahlreiche Funktionäre der rechtsbürgerlichen Kleingruppierungen absorbiert hat - darunter auch ihn und Ulrich Giezendanner.
Einheitskrankenkasse einführen? Nein
A1 auf sechs Spuren ausbauen? Ja
CO2-Abgabe auf Benzin? Nein
Handänderungssteuer abschaffen? Ja, für selbstgenutztes Eigentum
Lehrplan in der Deutschschweiz
vereinheitlichen? Ja
Obligatorischer zweijähriger Kindergarten für alle? Nein
Längere Freiheitsstrafen? Ja
AHV-Alter erhöhen? Nein
Kriegsmaterial-Ausfuhrverbot? Nein
Lehrabgängern das Arbeitslosengeld kürzen? Ja
Die SVP hat ihnen auch die Perspektiven über die Stossstange hinaus geöffnet: Der Solothurner ist im Nationalrat zu einem anerkannten Sozial- und Sicherheitspolitiker «herangewachsen» und präsidiert die Subkommission berufliche Vorsorge. Er wird dafür im Parlament geachtet. Er gilt als «Hardliner» mit menschlichen Qualitäten. «Ich habe politische Gegner, nicht politische Feinde», betont er im Gespräch bei sich zuhause in Kestenholz.
Politik kam erst spät dazu
Roland Borer wurde 1951 in Solothurn geboren und w uchs in der Weststadt als Einzelkind auf. «Aber mit meinem Cousin und zahlreichen Nachbarskindern», wie er betont. Er habe eine schöne Jugendzeit gehabt. Sein Vater war Mechaniker und Gewerkschaftsmitglied, habe ihn aber politisch nicht beeinflusst. Politisiert wurde Borer erst später. «Das war Mitte der 80-er Jahre, als eine militante Front von Umweltpolitikern den Individualverkehr nur noch verteufelte», erklärt er.
Die Autopartei sei die logische Gegenbewegung gewesen. 1989 wurde er in den Kantonsrat gewählt, nur zwei Jahre später bereits in den Nationalrat. Dort musste er als «Greenhorn» in die Sozial- und Gesundheitspolitische Kommission Einsitz nehmen. «Zur Gesundheitspolitik kam ich wie die Jungfrau zum Kind», erklärt er. Die Solothurner Krankenkassen-Fachfrau Esther Bosshart weihte den damals noch unkundigen in die Geheimnisse der Gesunheitspolitik ein. Sie hat den Job offenbar gut gemacht. Borer und Bosshart sind Lebenspartner geworden.
Weiteres Fachwissen holt er sich in einem Beirat des Krankenversicherers Groupe Mutuel (GM). «Damit, kommt man zu den Informationen, die es für politische Entscheide braucht», betont er. Krankenkassen neigten zur Geheimnistuerei. «Nur wenn ich hinter die Kulissen einer grösseren Kasse sehe, erfahre ich, beispielsweise, wie viele Chronischkranke sich effektiv für ein Managed Care Modell entscheiden; also auch, ob wir die Hebel politisch am richtigen Ort ansetzen.» Er werde zwar von der Krankenkasse bezahlt, könne aber im Rat unabhängig entscheiden. «GM war eine von nur zwei Kassen, die sich gegen das heutige KVG gewehrt haben - weil sie gesehen hat, dass die Kosten damit nur noch mehr steigen.»
Job oder Ratsmandat
Die Wahl in den Nationalrat bedeutete für ihn eine grosse Zäsur: Er musste seinen Beruf als Instruktor bei der Luftwaffe wegen Uvereinbarkeit mit dem Parlamentsmandat an den Nagel hängen. Nach seiner Berufslehre als Konstrukteur hatte sich Borer weitergebildet zum Marketing- und Werbefachmann und bekam einen guten Job beim Rüstungskonzern Oerlikon-Bührle. Goldene Zeiten seien das gewesen in der Schweizer Rüstungsindustrie der 70er-Jahre. «Wir haben viel Geld verdient, aber auch viel gearbeitet.»
Die Kontakte aus dieser Zeit konnte Borer reaktivieren, als er den Militärposten aufgeben musste und selbständig wurde. Seine Firma Bosec Consulting arbeitet auch für Rüstungskonzerne, beispielsweise für einen südafrikanischen Anbieter, der Schutzsysteme für Flugzeuge (militärische und zivile) anbietet. Als Sanierer hat er zudem eine Walliser Firma übernommen, die Zünder für Infanteriemunition herstellt. Er selber habe nie mit Waffen gehandelt, betont er, obgleich ein Geschäftspartner über eine entsprechende Bewilligung verfüge.
Lieblingsbuch? Keines; lese zurzeit «Grissini und Alpenbitter» von Ruth Metzler
Lieblingsessen? Natura Beef Steak mit Bratkartoffeln
liebste Reisedestinatien? Südafrika
im Kanton? Weissenstein
Lieblingsfilm? Da muss ich passen
Lieblingsmusik? Krokus forever!
Politiker? Churchill war ein Vorbild
liebster Sportler? Michael Schumacher
Auto? Ferrari
Lieblungsgetränk? Öufi Bier und Petite Arvine (Walliser Wein)
Im Club der «Ferraristi»
Borers zweites Fachgebiet in der Politik ist somit «organischer» gewachsen. Er übt als ehemaliger Berufssoldat und langjähriges Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission unverhohlene Kritik an der eigenen Fraktion, die mit dem Nein zu neuen Kampfflugzeugen einer «krassen Fehleinschätzung» unterliege. Für Borer sind die neuen Jets unerlässlich. Die F 5 E (Tiger II) müssten eigentlich unverzüglich stillgelegt werden, fordert er. Den Marschhalt beim Führungsinformationssystem begrüsst er.
Privat setzt sich Borers Technikbegeisterung fort. Sein Ferrari 328 bringt ihn ins schwärmen und bietet reichlich Anlass zum Fachsimpeln, nicht nur mit anderen «Ferraristi». Im Stiftungsrat des Schlosses Neu Bechburg Oensingen setzt er sich für kulturelle Belange ein. Und der taffe SVP-Politiker hat ein ungeahntes Herz für Tiere. Im Garten seines schmucken Einfamilienhauses mit Swimming Pool in Kestenholz befindet sich sozusagen die Igelstation des Quartiers. Esther Bosshart zeigt auf eine Batterie «umgenutzter» Kissenboxen, in der jeweils mehrere Igel überwintern, wie sie betont. «Roland hat sie für die Igel umgebaut», verkündet sie stolz.