Kommentar
Kapitalisten machen die Öl-Konzerne grün – und lösen der Schweizer Nationalbank ein Problem

Bei den US-Grossunternehmen ExxonMobil und Chevron haben die Aktionäre gegen den Willen des Managements beschlossen, auf Klimaschutz zu setzen. Das zeigt: Der Markt ist schneller als die Politik. Und schneller als die Nationalbank.

Patrik Müller
Patrik Müller
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Die Aktionäre von ExxonMobil wollen eine grünere Firmenpolitik - im Gegensatz zum Management.

Die Aktionäre von ExxonMobil wollen eine grünere Firmenpolitik - im Gegensatz zum Management.

Foto: Richard Drew / AP

Es sei «eine der grössten Sensationen in der Geschichte von Wall Street». So wertete die «Financial Times» den Aufstand der Aktionäre bei zwei grossen amerikanischen Ölkonzernen.

Was ist passiert? ExxonMobil und Chevron hielten diese Woche ihre Generalversammlung ab. Gegen den Willen des Managements beschlossen die Eigentümer, dass die Konzerne beim Klimaschutz vorwärtsmachen müssen. Bei ExxonMobil wurden zwei Öko-Kandidaten in den Verwaltungsrat gewählt. Und bei Chevron stimmten die Aktionäre dafür, die Treibhausgasemissionen stärker zu reduzieren.

Das bestätigt die These, die letzte Woche in diesen Spalten vertreten wurde: Der Kapitalismus ist im Kampf gegen die Klimaerwärmung und gegen die Coronapandemie (Stichwort Impfstoffe) wirksamer als der Staat. Die Aktionäre trafen die Entscheide weniger aus Liebe zur Natur als aus Gewinnstreben. Sie glauben, mit Öl allein lasse sich nicht mehr das ganz grosse Geschäft machen. Und sie fürchten, künftig für Schäden geradestehen zu müssen.

Nationalbank-Chef Thomas Jordan dürfte die Wende bei den Ölkonzernen mit Erleichterung beobachtet haben, denn die SNB wurde jüngst von Klimapolitikern dafür kritisiert, einen Teil ihrer Devisen weiterhin in Öl-Aktien anzulegen. Jordan beharrte darauf, diese Titel im Portfolio zu behalten und einzig Aktien der Kohleindustrie zu verbannen.

Dass nun die Ölkonzerne ein bisschen grün werden, zeigt: Der Markt ist schneller als die Politik und die Institutionen. Das Problem der Klimaerwärmung löst sich nicht von selbst, dasjenige des Nationalbank-Portfolios aber schon.