Coronavirus
Kein Entwarnung, aber immerhin mal eine gute Meldung zu Corona: Die Reproduktionszahl ist gesunken

Die Infektionszahl hat sich nicht verdoppelt, wie das vorausgesagt wurde. Und die Reproduktionszahl geht wieder nach unten. Das ist erfreulich - allerdings noch kein Grund für Entwarnung.

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Um Ansteckungen zu verhindern, gilt seit kurzem auch in belebten Innenstädten Maskenpflicht.

Um Ansteckungen zu verhindern, gilt seit kurzem auch in belebten Innenstädten Maskenpflicht.

Hanspeter Bärtschi / SZ

Bei Zahlen kann man sich schnell vertun. Auch beim BAG, das am Donnerstag zuerst 9836 Neuinfektionen twitterte, später dann aber auf 9386 runter korrigierte. Am Freitag wiederum waren es 9207.

Das sind immer noch viele, aber die schon vor drei Wochen angekündigte Verdoppelung der Infektionszahlen, die sich zwei Wochen lang bestätigt hat, ist immerhin für einmal gebrochen. Wenn diese eingetreten wäre, hätten es nun etwa 12000 positiv Getestete sein müssen.

Tiefer liegt inzwischen auch jene Zahl, die Bundesrat Alain Berset am Mittwoch an der schicksalhaften Medienkonferenz verkündet hatte. Damals hiess es, die Reproduktionszahl R liege bei 1,6, weshalb zur Zeit zehn Personen 16 andere ansteckten. Inzwischen liegt die R-Zahl aber bei 1,37. Zehn Personen stecken also knapp 14 Personen an. Liegt die R-Zahl bei 1,5, entspricht dies einer Verdopplungszeit der Zahlen von etwa einer Woche. Somit erklärt die R-Zahl von 1,37, warum sich die Infektionszahl wider Erwarten diese Woche nicht verdoppelt hat.

Der Wert muss unter 1 gedrückt werden

Diese Reproduktionszahl wird immer auf das Datum vor zehn Tagen zurückberechnet, weil erst dann alle für die Berechnung nötigen Daten vorliegen. Sicher ist, dass sich die R-Zahl nach einem steilen Anstieg im September schon seit dem 30. September erfreulicherweise bis zum 18. Oktober nach unten bewegt hat. Interessanterweise sank sie genau ab dem Zeitpunkt, als Grossveranstaltungen mit über 1000 Zuschauern wieder erlaubt waren, die ja nun wieder verboten worden sind. In die richtige Richtung geht die R-Zahl der bestätigten Fälle somit, denn sie sollte unter 1 liegen. Dann steckt ein Infizierter weniger als eine Person an, was sozusagen das Ende der epidemischen Verbreitung bedeutet.

Diese Reproduktionszahl ist eine Durchschnittszahl, über alle Menschen in einem Land berechnet. Sie gibt die Realität allerdings nicht genau wieder, weil man bei Sars-CoV-2 inzwischen weiss, dass Menschen das Virus sehr ungleich verteilen und nicht durchschnittlich. Gewisse Menschen sind Superspreader und stecken überdurchschnittliche viele Menschen an, so wie wahrscheinlich bei dieser Hochzeit im appenzellischen Schwellbrunn, was tragischerweise nicht nur zu vielen Infektionen, sondern auch zu einem Todesfall geführt hat.

Kein Grund für Entwarnung

Trotzdem lässt sich die epidemiologische Situation mit dem durchschnittlichen R-Wert einigermassen gut beschreiben, den die Covid-19-Taskforce laufend neu berechnet und publiziert. Anfang März zu Beginn der Coronakrise hatte dieser Wert zwischen 2 bis 3 gelegen und über den Sommer bei 1,1, was eine Verdoppelung der Infektionszahlen alle vier Wochen bedeutet hat. Allerdings auf einem viel tieferen Niveau als heute. Und nun kommt der Winter, in dem die Menschen mehr Zeit in geschlossenen Räumen verbringen werden, was eine Ansteckung begünstigt.

Die tiefere R-Zahl ist zwar erfreulich, aber noch lange kein Grund für Entwarnung. Zumal der R-Wert der Hospitalisationen im Moment weiter nach oben geht. Gegenüber der zweiten Oktoberwoche ist die Anzahl Hos­pitalisationen in der Vorwoche um 43 Prozent gestiegen. Auch die Positivitätsrate ist von Mitte Oktober bis zur letzten Woche von 15 Prozent auf 22,5 Prozent gestiegen. Wenn wie angekündigt ab nächster Woche die Schnelltests eingeführt werden und damit die Zahl der Tests weit höher sein wird, ist damit zu rechnen, dass je nach Positivitätsrate deutlich mehr Neuinfektionen entdeckt werden. Bruno Knellwolf