Abstimmungskampf
Kantone werben mit Inserat für USR III – wissen aber nichts davon

Im «Tages-Anzeiger» erscheint ein Inserat, das im Namen der Kantone für die Unternehmenssteuerreform wirbt. Als vermeintlicher Absender ist die Webadresse der Konferenz der Kantonsregierungen angegeben. Allein: Diese weiss von nichts.

Nadja Brenneisen
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«Kantone sagen JA zur Steuerreform», steht heute im grossformatigen Inserat im «Tages-Anzeiger». Zuunterst: Konferenz der Kantonsregierungen – nur weiss die nichts davon.

«Kantone sagen JA zur Steuerreform», steht heute im grossformatigen Inserat im «Tages-Anzeiger». Zuunterst: Konferenz der Kantonsregierungen – nur weiss die nichts davon.

watson.ch

«Kantone sagen Ja zur Steuerreform». Diese Überschrift ziert eine halbseitige Anzeige im Tagesanzeiger von heute, 30. Januar. Davor war das Inserat schon mindestens einmal, nämlich am vergangenen Samstag publiziert worden. In einem gelben Infokasten werden sodann Argumente aufgelistet, die den Stimmbürger zur Annahme der Unternehmenssteuerreform III bewegen sollen. Neben dem Infokasten lächeln 36 Finanz- und Volkswirtschaftsdirektoren dem Leser zu: «Aus diesen Gründen empfehlen die Kantone am 12. Februar ein Ja zur Steuerreform.»

Die Anzeige erweckt den Eindruck, dass es sich um eine offizielle Wahlempfehlung der Kantone handelt. Haben also wir Steuerzahler für das Inserat bezahlt? Die Nachfrage bei der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) schafft Klarheit: Im Haus der Kantone ist man auch überrascht über das Inserat. «Das Inserat ist nicht von der KdK und diese wusste auch im Vorfeld nichts davon. Allerdings verweist das Komitee im Inserat lediglich auf die Stellungnahme der Kantonsregierungen», sagt Sandra Maissen, Generalsekretärin der KdK.

1. Der Titel suggeriert, dass diese Wahlempfehlung von den Kantonen abgegeben wird. 2. Die Internetadresse gehört zu Konferenz der Kantonsregierungen. 3. Erst hier wird klar, dass hinter der Anzeige ein Komitee mit politischen Interessen steckt. Kontaktadresse des Komitees: Die Economiesuisse.

1. Der Titel suggeriert, dass diese Wahlempfehlung von den Kantonen abgegeben wird. 2. Die Internetadresse gehört zu Konferenz der Kantonsregierungen. 3. Erst hier wird klar, dass hinter der Anzeige ein Komitee mit politischen Interessen steckt. Kontaktadresse des Komitees: Die Economiesuisse.

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Die Werbeanzeige beinhaltet einen weiteren Hinweis darauf, wer der Absender sein könnte. «Überparteiliches Komitee Steuerreform JA. Postfach, 3001 Bern» heisst es da kleingedruckt und horizontal angeordnet. Erst in der Kontakt-Rubrik der Wahlkampf-Seite gibt sich der eigentliche Absender der Werbeanzeige zu erkennen: Der Wirtschaftsverband Economiesuisse.

Der Kampagnenleiter und Projektleiter Kommunikation der Economiesuisse, Adrian Michel, sieht in dem Inserat keine Irreführung der Leser: «Es ist klar ersichtlich, dass der Absender des Inserats das «Komitee Steuerreform JA» ist. Alle abgebildeten Regierungsräte haben das Inserat vorgängig erhalten und freigegeben», sagt er gegenüber watson. Dies bestätigt einer der abgebildeten Volkswirtschaftsdirektoren, Daniel Fässler, gegenüber watson.

Die Anzeige kostete 62'106 Franken

Auf Nachfrage von watson bestätigt Tamedia-Mediensprecher Christoph Zimmer, dass nicht etwa die Kantone hinter der Anzeige stehen: «Die Buchung erfolgte durch Economiesuisse, das Inserat erschien in der Anzeigenkombination Metropool. Diese Anzeigenkombination, die es in ähnlicher Form seit den 1980er-Jahren gibt, umfasst die BZ Berner Zeitung, den Bund, den Tages-Anzeiger und die Basler Zeitung, die nicht zu Tamedia gehört. Der Bruttopreis für ein Textanschlussinserat in dieser Form liegt bei 62'106 Franken.», sagt er gegenüber watson.