Der Bundesrat will maximal sechs Milliarden Franken für neue Kampfjets ausgeben. Die Reaktionen.
Die SVP spricht sich für eine Obergrenze von sieben Milliarden Franken für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge aus. Das Kostendach von sechs Milliarden Franken sei falsch und schränke die unabdingbare Optimierung der zu beschaffenden Kampfmittel ein, schreibt der SVP-Fraktionschef und Zuger Nationalrat Thomas Aeschi auf Anfrage.
Das am Donnerstag vorgelegte Resultat entspreche leider nicht der Empfehlung von Claude Nicollier, der von Bundesrätin Viola Amherd mit einem Zusatzbericht beauftragt worden war. Der ehemalige Astronaut und Militärpilot Nicollier habe klar gesagt, dass es für den Schutz der Menschen in der Schweiz vor Gefahren aus der Luft total neun Milliarden Franken für ein System für bodengestützte Luftverteidigung (Bodluv) und mindestens vierzig Kampfflugzeuge brauche.
Insgesamt sei ein Kostendach von neun Milliarden Franken notwendig, davon sieben Milliarden Franken für neue Kampfflugzeuge. Die Obergrenze von sechs Milliarden Franken schränke die unabdingbare Optimierung des zu beschaffenden Bodluv und der Kampfflugzeuge ein. Heute wisse noch niemand, welches die beste Gesamtlösung sei und welche Typen und welcher Anteil Bodluv/Kampfflugzeuge entsprechend optimal seien.
Aeschi zeigte sich im weiteren zuversichtlich, was die Entscheide im Parlament und beim Stimmvolk anbelangt: "Das Volk wird Ja sagen für den Schutz der Menschen und der Lebensgrundlagen in der Schweiz vor Gefahren aus der Luft."
Die Kampfjet-Kandidaten:
Aus Sicht der SP hat der Bundesrat die Obergrenze für die Kampfjets zu hoch angesetzt. Dass rund sechs Milliarden Franken für Kampfjets ausgegeben werden sollen, sei enttäuschend, schreibt die SP in einer Mitteilung. Mit einfachen und leichten Kampfflugzeugen könne der Luftpolizeidienst wirksamer gestaltet werden als mit "Hightech-Kampfjets".
Zudem wäre mit leichten Kampfjets die Verfügbarkeit grösser und der Wartungsaufwand wesentlich kleiner. "Hightech-Kampfjets" seien extrem teuer, lärmig und CO2-intensiv. Das Geld für solche Maschinen fehle anschliessend in anderen, "drängenderen" Bereichen der Sicherheitsvorsorge. Das Konzept des Bundesrats sei daher sicherheitspolitisch untauglich.
Den Entscheid des Bundesrats, wonach getrennt über die Kampfflugzeuge und die Flugabwehr (Bodluv) abgestimmt werden soll, begrüsst die SP derweil. Vor der Abstimmung müsse das Volk aber wissen, welcher Flugzeugtyp beschafft werden soll.
Die Partei wertet zudem den Entscheid, bei den Bodentruppen auf leichtere sowie mobil einsetzbare Systeme zu setzen, als Schritt in die richtige Richtung. Der Verzicht auf schweres Gerät wie Panzer sei überfällig.
Für die CVP hat Bundesrätin Viola Amherd mit ihrem Entscheid zum Projekt Air2030 den Weg zur Erneuerung der Luftwaffe mit einer mehrheitsfähigen Vorlage geebnet. Sowohl die Aufteilung des Planungsbeschlusses wie auch der Verzicht auf eine hundertprozentige Kompensation des Vertragswertes durch Gegengeschäfte entsprächen den Forderungen der Partei.
Die CVP sei immer der festen Überzeugung gewesen, dass keine Notwendigkeit bestehe, die Beschaffung des neuen Systems zur bodengestützten Luftverteidigung (Bodluv) ebenfalls in den Planungsbeschluss zu integrieren, heisst es in einer Mitteilung vom Donnerstag. Bodluv solle wie vorgesehen über das ordentliche Rüstungsprogramm beschafft werden.
Die Partei habe auch von Anfang an die festgehaltene 100-prozentige Kompensation des Vertragswerts durch Gegengeschäfte (Offset-Geschäfte) infrage gestellt. Die CVP unterstütze den Entscheid des Bundesrates, die Kompensationsgeschäfte auf 60 Prozent zu reduzieren und damit den Kaufpreis nicht unnötig zu verteuern.
Der Dachverband der Schweizer Luft- und Raumfahrt, Aerosuisse, stellt sich hinter den Planungsbeschluss Air2030. Ein Nein zu neuen Kampfjets sei auch ein Nein zur Armee, hält der Verband in einer Mitteilung vom Donnerstag fest.
Nur mit der Erneuerung der Luftwaffe könne die Armee ihren Auftrag, nämlich den Schutz der Bevölkerung, auch in Zukunft erfüllen. Thematisch gehörten Kampfjets und bodengestützte Luftabwehr (Bodluv) zusammen.
Grundsätzlich befürwortet die Aerosuisse Offset-Geschäfte - Aufträge an Schweizer Firmen im Zusammenhang mit der Kampfflugzeugbeschaffung - beim Kauf neuer Luftverteidigungsmittel, um von Technologietransfer und zusätzlichem Knowhow zu profitieren. "Wir begrüssen, dass VBS-Chefin Viola Amherd die Wirksamkeit von Offset-Geschäften überprüft, um zu vermeiden, dass solche Geschäfte die Beschaffung der Kampfflugzeuge verhindert", wird Aerosuisse-Präsident und SVP-Nationalrat Thomas Hurter in der Mitteilung zitiert. Die Nutzen von Offset-Geschäften müsse klar ersichtlich sein.
Für die Aerosuisse sind Volksabstimmungen über Armeematerialbeschaffungen nicht notwendig. Die Bevölkerung müsse sich dazu äussern können, ob sie eine Armee wolle oder nicht. Die Volksrechte würden über das Instrument der Initiative immer gewahrt bleiben.
Die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) plädiert für ein variables Kostendach von bis zu sieben Milliarden Franken für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge. Der Entwurf zum Planungsbeschluss sollte dem Bundesrat schon Anfang Juli statt erst Anfang September vorgelegt werden.
Die sechs Milliarden Franken stellten eine kritische Limite dar, die den Handlungsspielraum für Bundesrat und Parlament in einem frühen Stadium unnötig einschränkten, heisst es in einer Mitteilung der SOG vom Donnerstag. Mit dem Geld liessen sich keine vierzig Kampfjets kaufen - es sei denn, man schwenke zum Vornherein auf die billigste Lösung ein.
Eine solch künstliche Limite könne eine nicht ungefährliche Typendiskussion präjudizieren. Mit nur sechs Milliarden Franken werde die Schweiz letztlich über eine begrenzte Luftwaffe verfügen, da mit weniger als vierzig Kampfjets die Wahrung der Lufthoheit nachhaltig nicht möglich sei.
Die parallel für ein neues System zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite (Bodluv) via Rüstungsprogramm veranschlagten restlichen zwei Milliarden Franken bestätigten die Vorbehalte der SOG, eine derart strikte finanzielle Trennlinie zu ziehen, bevor die beiden System evaluiert und beurteilt worden seien.
Wenig abgewinnen kann die SOG auch dem Entscheid, die Kompensation mit Offset-Geschäften auf 60 Prozent zu reduzieren. Vielmehr erachtet die Offiziersgesellschaft den bisherigen Standard von 100 Prozent als wichtig, weil er die Sicherheit der Schweiz stärke und der einheimischen Rüstungsindustrie Chancen eröffne.
Der vom Bundesrat gefällte Richtungsentscheid zur Modernisierung der Bodentruppen, basierend auf dem hybriden Kriegsbild und einem Investitionsbedarf von bis zu sechs Milliarden Franken, beurteilt die SOG für grundsätzlich akzeptabel. Trotzdem sollte die Variante mit einer Erhöhung des Sollbestandes von 100'000 auf 120'000 und einem Investitionsbedarf von bis zu rund neun Milliarden Franken als mögliche Alternative vorderhand nicht ausser acht gelassen werden.