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Schweiz
Die Partnerin von Toni Brunner nutzt die Expo-Abstimmung, um ihr politisches Profil zu schärfen. Mit Friedli erhält die bisher wenig schlagkräftige Expo-Gegnerschaft ein Gesicht.
Ein paar tausend Stimmen fehlten Esther Friedli zum grossen Coup: Das St. Galler Stimmvolk wählte am vergangenen 24. April FDP-Mann Marc Mächler in die Kantonsregierung. Die 38-jährige Partnerin von SVP-Nationalrat Toni Brunner ging im zweiten Wahlgang anstelle des glücklosen Herbert Huser ins Rennen, um für die Volkspartei endlich einen zweiten Sitz in der Exekutive des grössten Ostschweizer Kantons zu erringen.
Die Mission misslang. Dennoch darf sich Friedli als Siegerin fühlen. Aus dem Stand heraus hätte die ehemalige Generalsekretärin des kantonalen Erziehungsdepartements beinahe einen gestandenen Politiker wie den langjährigen FDP-Chef Marc Mächler geschlagen. Friedli, die in ihrem Heimatkanton Bern einst für die CVP politisierte, war in der Ostschweiz vor ihrer Kandidatur politisch nie in Erscheinung getreten. Seit ihrem Ausscheiden aus dem Staatsdienst im August 2014 verdient sie ihr Geld mit einem Beratungsunternehmen, das unter anderem den Wahlkampf von Roger Köppel managte.
Doch das scheint auf Dauer eine zu kleine Herausforderung zu sein. Friedli zieht es nachhaltig in die Politik. «Ich habe im zweiten Wahlgang zu den Regierungswahlen ein sehr gutes Resultat erzielt», sagt Friedli. Sie habe bereits am Wahltag betont, dass sie sich weiterhin politisch engagieren wolle. Wie und wo werde sich zu gegebenem Zeitpunkt zeigen.
Eine erste Bühne hat sie bereits gefunden: Friedli ist der Kopf der Expo-Kritiker im Kampf gegen den 5-Millionen Projektierungskredit, der am 5. Juni in St. Gallen zur Abstimmung gelangt. Zeitgleich stimmt der Thurgau über einen 3-Millionen-Kredit ab. Gibt es da oder dort ein Nein, ist die geplante Landesausstellung 2027 Bodensee-Ostschweiz bereits Geschichte, ehe die übrige Schweiz davon richtig Notiz genommen hätte.
25 Jahre nach der letzten Landesausstellung im Drei-Seen-Land soll es 2027 wieder eine nationale Expo geben. Im Fokus steht die Ostschweiz. Die Kantone Thurgau, St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden gleisen das Mega-Projekt gemeinsam auf. Am 5. Juni gelangen im Thurgau sowie in St. Gallen Projektierungskredite zur Abstimmung. Während die traditionell staatstragende Thurgauer SVP, aus deren Reihen die Idee einer Ostschweizer Expo ursprünglich kommt, das Projekt begrüsst, kämpft die St. Galler SVP, die sich als Oppositionskraft versteht, dagegen an. Alle anderen grossen Parteien befürworten in beiden Kantonen die Kredite. In Appenzell Ausserrhoden hat der Kantonsrat einen entsprechenden Kredit bereits genehmigt. (ssm)
Friedli sagt: «Die Expo 2027 ist ein Fass ohne Boden – Milliardenausgaben sind die Folge.» Die Ostschweiz brauche nachhaltigen, innovativen Tourismus und kein Mega-Projekt, das die Umwelt belaste und zu massivem Mehrverkehr führe. Ihr Engagement begründet die SVP-Politikerin so: «Ich habe mich bereits im Regierungswahlkampf gegen den Expo-Kredit geäussert.» Es seien anschliessend verschiedene Personen auf sie zugekommen, ob sie sich in einem Komitee engagieren möchte.
Dass dies für einen Sieg am 5. Juni ausreicht, glaubt in der Ostschweiz zwar niemand. Doch Esther Friedli gräbt sich mit ihrem Engagement nachhaltig ins Bewusstsein einer politischen Öffentlichkeit ein. Das zahlt sich mittelfristig aus. Beobachter wähnen sie deshalb bereits als natürliche SVP-Kandidatin für die Regierungsratswahlen in vier Jahren. Auch Friedli selbst, die einen sachorientierten, nüchternen Politstil pflegt, sieht sich als Exekutivpolitikerin.
Doch es könnte einen Plan B geben – mit Esther Friedli als Ständeratskandidatin. Im vergangenen Oktober scheiterte die SVP mit dem Versuch, SP-Mann Paul Rechsteiner den Sitz abzuluchsen. Wenn es Friedli gelingt, in den nächsten Jahren Präsenz zu markieren und ihr Profil zu schärfen, dürfte sie sich zu einer ernsthaften Anwärterin mausern.