Parlament
«Kammer des Sozialismus»: SVP-Fraktionschef Aeschi erntet Kritik aus eigenen Reihen

Die relative Schwäche im Ständerat kollidiert mit dem Machtanspruch der Volkspartei im Nationalrat. Die SVP will nun bei den Wahlen im Herbst 2019 mehr Ständeratssitze erobern.

Fabian Fellmann
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SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.

ALESSANDRO DELLA VALLE

Ständerat Hannes Germann von der SVP nervt sich über seinen Fraktionschef. «Gerade für einen jungen Nationalrat finde ich es unangebracht, solche Sprüche über den Ständerat zu reissen», sagt der Schaffhauser. Seinen Ärger ausgelöst haben Aussagen von Fraktionschef Thomas Aeschi am Mittwoch im «Tages-Anzeiger».

Der Ständerat sei zur «Kammer des Sozialismus» verkommen, ätzte der Zuger, die einstigen Standesvertreter seien Parteisoldaten. Anlass ist das Paket aus Steuervorlage und AHV-Sanierung, welches SP, CVP und FDP geschnürt haben. Die scharfen Worte schmerzen Germann: «Die allgemeine Kritik von Herr Aeschi an den bürgerlichen Ständeräten ist eine unqualifizierte Äusserung und fehl am Platz.»

Die beiden Parlamentskammern hätten unterschiedliche Rollen. «Das ist von der Bundesverfassung so vorgesehen, aber Herr Aeschi hat das noch nicht ganz verstanden», sagt Germann. «Im Ständerat wird mehr nach Lösungen gesucht. Es geht bei uns nicht darum, das parteipolitische Profil zu schärfen.» Der Wirtschaftspolitiker hat dem Steuer-AHV-Paket zugestimmt, weil dieses pragmatisch sei. «Wenn der Nationalrat der Weisheit von Herrn Aeschi folgt, bringt er sicher einen viel besseren Vorschlag», stichelt er.

Fakt ist, dass die SVP im Ständerat oft an den Rand gedrängt wird. Im Nationalrat kommandiert Aeschi die mit 68 Köpfen stärkste Fraktion. In der kleinen Kammer hingegen zählt die SVP-Gruppe nur sechs Mitglieder. SP, Grüne und CVP finden sich dort ab und zu in einer Mitte-Links-Mehrheit, etwa bei der Altersreform – oder beim Steuer-AHV-Paket. SP-Parteipräsident und Ständerat Christian Levrat spiele dabei eine wichtige Rolle, räumt Germann ein. «Levrat spielt Schach und denkt immer drei Züge voraus. Aber wir sind nicht so doof, dass wir das nicht merken würden.»

Die SVP will nun bei den Wahlen im Herbst 2019 mehr Ständeratssitze erobern. Anders als vor acht Jahren, als sie mit Reizfiguren wie Christoph Blocher zum Sturm aufs Stöckli angesetzt hatte, tritt die Partei diesmal leiser auf. Wahlkampfleiter Adrian Amstutz sagt es so: «Idealerweise nominieren wir bewährte Regierungsräte und Persönlichkeiten mit grosser Erfahrung.» Gesucht seien «Persönlichkeiten, die in Majorzwahlen weit über die SVP hinaus Stimmen machen». Derzeit analysiere die Partei die Situation in allen Kantonen. Denkbar sei auch, dass die SVP wieder Absprachen mit der FDP treffe. «Wir werden sämtliche Varianten prüfen, welche die linke SP- und CVP-Dominanz im Ständerat entschärfen kann», sagt Amstutz.