Seit einem halben Jahr häufen sich die offenen Rechnungen beim Formel-1-Rennstall Sauber an den Jungunternehmer Patrick Meyer. Inzwischen belaufen sie sich auf einen Betrag im sechsstelligen Bereich. Zum Betreibungsamt ging er nicht. Aus Loyalität
«Jetzt wettern alle über den Deal von Sauber mit den russischen Partnern, dabei sollte auch das Positive an den neuen Sponsoren herausgestrichen werden», sagt Patrick Meyer, Geschäftsführer und Inhaber der Firma Carbomill AG im aargauischen Seon gegenüber der Nordwestschweiz. Das Positive ist für Meyer der sechsstellige Betrag, den der Formel-1-Rennstall dem Jungunternehmer schuldet. Geld, das Sauber in den letzten sechs Monaten für Lieferungen von Carbomill nicht mehr bezahlt hatte und das Meyer nun, dank den russischen Investoren - so hofft er - bald zurückbekommen wird.
Vor zwei Jahren machte sich der 38-jährige Meyer, gelernter Architekturmodellbauer, mit seinem Hightech-Unternehmen selbstständig. Davor arbeitete er zehn Jahre lang bei Sauber, zuletzt als Abteilungsleiter in der mechanischen Fertigung. Als Geschäftsführer der eigenen Firma wurde sein früherer Arbeitsgeber zu einem seiner wichtigsten Kunden. Rund ein Viertel des Jahresumsatzes spült der Formel-1-Rennstall in Meyers Kasse. Carbomill beliefert Sauber mit Formen- und Werkzeugbau sowie Frästeile, die in den strukturellen Bauteilen aus Carbon einlaminiert werden.
«Die Beziehung zwischen Carbomill und Sauber war lange hervorragend», so Meyer. Er habe immer genug Aufträge bekommen und die Preisstrategie sei für beide Parteien fair gewesen. Aber in den letzten sechs Monaten hat Sauber die Beziehung mit den angehäuften Schulden auf eine harte Probe gestellt.
Seit sechs Monaten nicht mehr bezahlt
Dass Sauber nie pünktlich bezahlt habe, sei in der Branche bekannt gewesen. Und als ehemaliger Mitarbeiter, der weiss, wie schwierig es ist, ständig auf Sponsorengelder angewiesen zu sein, hatte Meyer immer Verständnis, dass der Rennstall im Durchschnitt 60 Tage zu spät bezahlte. Als sich die offenen Rechnungen dann aber anhäuften, begann sich Meyer doch Sorgen zu machen: «Seit Dezember 2012 wurden noch keine Rechnungen beglichen. Auf unser Drängen hin wurden jedoch letzte Woche ein geringer Anteil der Schuld bezahlt.»
Trotzdem war für Meyer immer klar: Eine Betreibung kommt nicht in Frage, obwohl er sich von der Firma Sauber als Zulieferer schlecht behandelt fühlte. Dabei gehe es nicht primär um das geschuldete Geld, sondern um die fehlende Kommunikation. Er sagt: «Ich hätte mir gewünscht, dass sie mir wenigstens ein Lebenszeichen senden. Gerade auch, weil ich die Leute dort grösstenteils persönlich kenne. Der einzige Kommunikationsweg lief über die Einkäufer.»
Loyalität und Erinnerungen
Im Gegensatz zu anderen Lieferanten wollte Meyer keinen Druck aufsetzen. Alle drei bis vier Wochen habe er sich gemeldet, um einmal nachzufragen. In einem persönlichen Brief, forderte er Sauber schliesslich auf, gemeinsam an einen runden Tisch zu sitzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen: «Zurück kam aber nichts.» Das enttäuschte ihn besonders.
Und doch: Zu gross ist die Loyalität und zu gut in Erinnerung das Herzblut, das Meyer während seiner Zeit bei Sauber in den Rennstall gesteckt hat. Er hielt Sauber die Treue und ging damit ein grosses Risiko für sein eigenes Unternehmen ein. Jetzt, da der Rennstall einen neuen Sponsor hat, hofft Meyer auf sein Geld. «Ich möchte nicht nachtragend sein, aber ich erwarte, dass sich der Umgang mit den Lieferanten bei Sauber ändert», sagt er. Er hat vor, mit anderen wichtigen Lieferanten und Sauber zusammenzusitzen, um gemeinsame Regeln für die Bezahlung auszuarbeiten.