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Schweiz
Täglich werden Betriebe dichtgemacht, weil sie familienintern keine Nachfolger finden. Junge, motivierte Landwirte haben kaum eine Chance, je einen Hof zu übernehmen. Dieses Problem könnte man entschärfen, wenn Betriebe auch ausserhalb der Familie weitergegeben würden.
Anna Mosimann liess sich vor vier Jahren zur Landwirtin ausbilden. Seither wäre sie bereit, mit Heuen und Melken loszulegen. Doch ihr fehlt die Grundlage: Sie hat keinen Hof. Zwar ist Mosimann auf einem Bauernbetrieb aufgewachsen. Da ihr Vater Land und Haus aber gepachtet hatte, steht für sie im Unterschied zu vielen Bauernfamilien kein Erbe an.
Seit vier Jahren sucht Mosimann nun einen passenden Hof, den sie mit ihrer jungen Familie übernehmen könnte. Sie hat Glück, die Pacht eines Hofes steht in Aussicht. Ob die Übergabe dann tatsächlich klappt, ist indes noch offen.
17 000 Betriebe ohne Nachfolger
Wie Mosimann geht es vielen frisch ausgebildeten Landwirten in der Schweiz: Sie sind jung und motiviert, haben aber kaum eine Chance, je einen Hof zu übernehmen – weil ihre Familie keinen besitzt. Gut tausend Landwirte schliessen jährlich ihre Ausbildung ab.
Dieses nachhaltige Interesse am Beruf steht in direktem Widerspruch zum fortwährenden Hofsterben: Täglich machen zwei bis drei Bauern ihre Betriebe dicht, weil sie entweder kein Auskommen mehr haben oder familienintern keine Nachfolger finden.
So hat sich seit den Achtzigerjahren die Zahl der Höfe halbiert. 2015 zählte das Bundesamt für Statistik noch 53'232 Betriebe, wovon fast 30'000 in Besitz von Bauern sind, die in zehn, fünfzehn Jahren in Pension gehen. Laut einer Umfrage von Agroscope haben wiederum rund die Hälfte dieser Bauern – also 17'000 – ihre Nachfolge noch nicht gelöst.
Kein Mangel an Nachwuchs
Die Vereinigung der Kleinbauern sieht dies als Chance. Vor zwei Jahren hat sie eine Anlaufstelle aufgebaut, um Bauern und Suchenden bei Hofübergaben zu helfen. Projektleiterin Séverine Curiger stellte dabei fest: «Wir haben in der Schweiz kein Nachwuchsproblem.»
Es gebe eher einen Mangel an Bauern, die bereit sind, ihren Hof zu verkaufen oder zu verpachten. «Das Loslassen ist ein sehr emotionaler Vorgang. Die Bauern haben ihre ganze Energie in ihr Lebenswerk gesteckt», sagt Curiger. Viele wollten ihren Betrieb deshalb in guten Händen wissen.
Bodenrecht hilft Grossbauern
Einer Hofübernahme stehen weitere Hürden im Weg. So ist das bäuerliche Bodenrecht zwar auf Generationenwechsel ausgerichtet, nicht aber wenn dieser ausserhalb der Familie stattfindet. Das Recht verbietet es den Bauern, ihr Land zu zerstückeln.
Der Grund: Der Nachwuchs, der bereit ist, den Hof zu übernehmen, sollte das ganze Land erhalten. Doch es gibt eine Ausnahme: Wenn die Kinder des Bauern auf eine Übernahme verzichten, dann darf dieser das Land aufteilen und dem Meistbietenden verkaufen.
Für viele Bauern sei das die reizvollste Lösung, sagt Barbara Küttel von der Kleinbauern-Vereinigung. So werde ein guter Erlös erzielt und die Bauern könnten in ihrem Haus wohnen bleiben. Verstärkt wird diese Praxis durch die neue Landwirtschaftspolitik, die Bauern mit viel Land mit höheren Direktzahlungen belohnt. So hoffen oft benachbarte Bauern, das Land abtretender Bauern zu ergattern.
Die Kleinbauern-Vereinigung will diesem Trend entgegenwirken und die «Vielfalt der Schweizer Bauern erhalten», wie Küttel sagt. Sprich: Den Trend hin zu Grossbetrieben stoppen, indem auch kleinere und mittlere Höfe vor dem Aussterben gerettet werden.
Wie teuer darfs denn sein?
Eine Hofübernahme ist aber auch eine finanzielle Frage, bei der wiederum die innerfamiliäre Nachfolge begünstigt wird. Übernehmen Sohn oder Tochter den Hof der Eltern, so bezahlen sie diesen den Ertragswert. Will ihn jemand anderes kaufen, so zahlt er den Marktwert, der oftmals mehr als doppelt so hoch liegt.
Für viele Einsteiger birgt das ein grosses Risiko: Sie müssen sich schwer verschulden, um einen Hof zu übernehmen. Anna Mosimann und ihrer Familie kommt deshalb eine Pacht entgegen. «Wir hätten das Geld für einen Hofkauf schon aufbringen können», sagt sie. Der Betrieb eines kleineren Betriebs sei aber auch keine Goldgrube. «Und wenn wir beide auswärts unser Geld verdienen müssen, haben wir auch nichts vom Hof.»