Jetzt werden schon die Kindergärtner germanisiert

In den Aargauer Kindergärten ist Hochdeutsch längst zur Normalität geworden. Trotzdem wehrt sich die SVP gegen diese Germanisierung von klein auf.

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Maja Sommerhalder

Die Hälfte der Unterrichtszeit wird im Kindergarten Würenlingen Hochdeutsch gesprochen – ab der 1. Klasse ist dann nur noch Standardsprache angesagt. «Ich mache regelmässig Schulbesuche und sehe, ob es eingehalten wird», sagt Erwin Egli, Leiter der Schule Würenlingen.

Die Schule befolgt damit die Richtlinien des Kantons, die seit dem Schuljahr 2008 gelten. Wie in vielen anderen Kantonen muss auch im Aargau die Hälfte des Kindergartenunterrichts Standardsprache gesprochen werden. Die Primarschüler sprechen schon länger im Unterricht Hochdeutsch. «Man ist der Meinung, dass die Kinder besser Hochdeutsch lernen, wenn sie schon im Kindergarten damit beginnen», sagt Irène Richner-Schellenberg vom Departement Bildung, Kultur und Sport. In der Schule Würenlingen jedenfalls hätten sich Kinder und Lehrpersonen schnell an die Standardsprache gewöhnt. Auch von den Eltern habe es nur positive Reaktionen gegeben. «Manchmal sprechen die Kinder die Lehrer sogar auf dem Pausenplatz auf Hochdeutsch an», so Schulleiter Egli.

SVP will Mundart-Kindergarten

Diese Germanisierung wird nicht überall gerne gesehen. Die SVP Schweiz wehrt sich in ihrem neuen Positionspapier gegen Hochdeutsch im Kindergarten und in den Primarschulen, wie der «Sonntag» schrieb. Die Partei fürchtet, dass dadurch die Dialekte verdrängt werden. Deshalb fordert sie, dass im Kindergarten ausschliesslich Mundart gesprochen wird. Die Schriftsprache soll ab der ersten Klasse nach und nach eingeführt werden. In den Kantonen Basel-Stadt und Zürich laufen sogar Initiativen für die Mundart im Kindergarten. Die SVP Aargau unterstützt die Mundart-Vorstösse, wie Grossrat und Leiter der Bildungsgruppe der SVP-Fraktion Beat Unternährer sagt: «Initiativen sind aber keine geplant. Wir haben andere Prioritäten.»

Der Würenlinger Schulleiter Egli ist gegen die SVP-Forderungen: «Gerade für die fremdsprachigen Kinder ist es wichtig, dass sie zuerst Hochdeutsch lernen.» Schweizerdeutsch würden sie in ihrer Freizeit genug sprechen. Auch im Aarauer Telli-Schulhaus und -Kindergarten hat man mit der Unterrichtssprache Hochdeutsch gute Erfahrungen gemacht, so Leiter Andreas Lüscher: «Ich bin der Meinung, dass die Bevölkerung weniger gut Hochdeutsch spricht als vor 50 Jahren. Das sollte man ändern.» Das Schweizerdeutsch werde in der Telli-Schule aber weiterhin gepflegt: «In der Primarschule lernen die Kinder Verse und Lieder auf Mundart. Dieses Volksgut sollte nicht verloren gehen.»