Die Stiftung meineimpfungen.ch hat kein Geld mehr und kann die Plattform für digitale Impfausweise nicht mehr betreiben. Kunden haben darum keinen Zugang mehr zu ihren persönlichen Daten. Wie können sie Impfungen nun nachweisen?
Für die Kunden des digitalen Impfausweises meineimpfungen.ch ist es die zweite Hiobsbotschaft innert kurzer Zeit. Im Januar wurde publik, dass die Plattform gröbere Sicherheitslecks aufwies, die Impfdaten der Kunden also ungenügend geschützt sind. Am Dienstag informierte die Stiftung, dass die finanzielle Situation es nun nicht mehr erlaube, die Plattform meineimpfungen.ch überhaupt zu betreiben. Das bedeute, dass sämtliche Daten der Plattform zwar sicher aufbewahrt, aber nicht mehr bearbeitet werden können. «Die aktuell noch offenen Auskunfts- und Löschbegehren können leider nicht mehr beantwortet werden», schreibt die Stiftung. Das bedauere sie zutiefst.
Mehr als 400'000 Nutzer zählte die Plattform noch Anfang Jahr. Als dann erste Probleme auftauchten, beantragten rund 30'000 Personen die Löschung der persönlichen Daten. Mitte Mai zeichnete sich ab, dass die Plattform den Betrieb nicht in der gewohnten Form wieder aufnehmen wird. Es stellte sich die Frage, was nun aus den gesammelten, empfindlichen Gesundheitsdaten wird.
Die Stiftung gibt an, «alles daran gesetzt zu haben, um den Nutzern die persönlichen Impfdaten wieder zugänglich zu machen». Während sich das Bundesamt für Gesundheit aus dem Projekt zurückzog, pumpten die Partner der Stiftung, der Ärzteverband FMH und der Apothekerverband Pharmasuisse, 600'000 Franken in die Stiftung, um möglichst viele Auskunftsbegehren und Löschanträge doch noch zu bearbeiten.
Damit ist jetzt Schluss. Trotz Anfragen bei möglichen Unterstützern und Behörden habe man die für den weiteren Betrieb erforderlichen Mittel nicht generieren können.
Laut der Stiftung für Konsumentenschutz stehen noch rund 1200 Auskunfts- und 500 Löschbegehren aus - «viele liegen seit fünf Monaten auf dem Tisch». Die Stiftung taxiert die Pleite als «Skandal». Viele Patienten hätten der Plattform persönliche Impf- und Gesundheitsdaten anvertraut. Denn das Bundesamt für Gesundheit, die FMH und Pharmasuisse hätten meineimpfungen.ch jahrelang beworben, finanziert und deren Dienstleistungen empfohlen. «Nun wollen sie sich aus der Verantwortung stehlen und den Betroffenen deren grundlegenden Rechte nach Datenschutzgesetz vorenthalten», moniert Geschäftsführerin Sara Stalder. Sie wolle nun rechtliche und politische Schritte prüfen.
Immerhin stattete die Stiftung meineimpfungen.ch laut eigenen Angaben Kosten für nicht erbrachte Dienstleistungen an alle Kunden zurück. «4330 Nutzer haben die Gebühr, die sie für die Digitalisierung ihres Impfausweises einbezahlt haben, zurückerhalten», schreibt sie.
Und was sollen nun alle jene Kunden machen, die nicht mehr auf die Daten zugreifen können und die Informationen verloren haben? Die Stiftung meineimpfungen.ch empfiehlt, sich an die Ärztin oder den Apotheker zu wenden, der die Impfung verabreicht hat. In den Arztpraxen und Apotheken seien die Informationen in der Regel hinterlegt. Bei jenen, welche die Infos nicht wiederfinden, müsste man Antikörper testen und die Impfung auffrischen.
Noch sind die Daten noch nicht für immer verloren. Nebst der Ankündigung des Konsumentenschutzes erklärt auch der Stiftungsrat von meineimpfungen.ch, die Daten retten zu wollen. Das ist auch das Ziel der Ärzteverbindung FMH, die das abrupte Ende der Plattform bedauert, wie Sprecherin Charlotte Schweizer sagt. «Für die Kunden ist das natürlich ärgerlich.» Deshalb suche die Stiftung nun mit dem Bundesamt für Gesundheit, dem eidgenössischen Datenschutzbeauftragten sowie der eidgenössischen Stiftungsaufsicht nach einer Lösung, damit die Kunden wieder Zugang zu ihren Daten erhalten. «Idealerweise würde man sie auf eine neue, sichere Plattform transferieren», sagt Schweizer. Jedenfalls sei es für weitere Digitalisierungsprojekte im Gesundheitsbereich nicht eben vertrauensfördernd.
Das Bundesamt für Gesundheit erklärt auf Anfrage, für Informationen über das weitere Vorgehen sei es noch zu früh. Nur so viel: «Für die Zukunft ist die Entwicklung eines elektronischen Impfpasses, der jeder Person den Zugang zu ihrer Impfgeschichte ermöglicht, eines der Ziele der digitalen Strategie des BAG.» Das elektronische Patientendossier wäre eine gute Möglichkeit, um die Impfdaten abzulegen. Doch auch dieses digitale Projekt kommt seit Jahren nicht wirklich vom Fleck - auch wegen Fragen des Datenschutzes.