AHV
Höhere Minimalrente als Rettungsanker für die Altersreform?

Das Ringen um einen Kompromiss geht weiter. SVP-Ständerat Alex Kuprecht will die 70-Franken-Frage mit einem neuen Vorschlag knacken.

Doris Kleck
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Die Minimalrente liegt derzeit bei 1175 Franken pro Monat.

Die Minimalrente liegt derzeit bei 1175 Franken pro Monat.

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Knapp 150 Stunden wurde in den Kommissionen und den Räten bereits über die Rentenreform diskutiert. 51 zusätzliche Berichte haben die Parlamentarier beim Bundesamt für Sozialversicherungen bestellt. Und bis heute morgen musste das Amt nochmals neue Berechnungen liefern.

Die Sozialkommission des Ständerates beugt sich heute erneut über das Dossier - und sucht nach dem Durchbruch. Die Fronten zwischen Ständerat, wo SP und CVP eine Mehrheit haben, und dem Nationalrat, wo SVP, FDP und GLP den Ton angeben, sind verhärtet. Die 70-Franken-Frage spaltet die beiden Räte: Der Ständerat will die Senkung des Umwandlungssatzes mit einer höheren AHV-Rente kompensieren - für die rechtsbürgerliche Mehrheit im Nationalrat ist dies ein No go. Sie will die Kompensation innerhalb der zweiten Säule vornehmen.

Nur: SP und CVP machen bislang keine Anzeichen, von ihrer Position abzurücken. Die «vernünftigen Kräfte im Ständerat», wie es Joachim Eder (FDP/ZG) ausdrückt, starten nun einen neuen Anlauf, um die beiden Parteien vom AHV-Zustupf von 70 Franken für Neurentner abzubringen. Dieser wird aus zwei Gründen kritisiert. Einerseits weil er zwei Klassen von Rentnern schafft. Andererseits, weil die 70 Franken mit der «Giesskanne» verteilt werden. Der Zustupf soll auch jene Übergangsgeneration ab 50 Jahren bekommen, welche in der zweiten Säule eine Besitzstandsgarantie haben. Das heisst, ihre Rente in der beruflichen Vorsorge ist garantiert und trotzdem sollen die Übergangsgeneration von der Erhöhung der AHV-Rente profitieren.

Der Fahrplan

Heute tagt die Kommission des Ständerates. Am kommenden Dienstag wird sich die kleine Kammer mit der Reform beschäftigen, am 13. März ist der Nationalrat wieder am Zug. Haben sich die Räte bis dann noch nicht in allen Punkten geeinigt, tagt am 16. März die Einigungskonferenz. Wird deren Antrag angenommen, kommt es tags darauf zur Schlussabstimmung. Das letzte Wort wird das Volk haben.

Gezielt für tiefe Einkommen

SVP-Ständerat Alex Kuprecht will deshalb in der Kommissionssitzung vom Donnerstag eine neue Variante einbringen: Nur die Minimalrenten sollen erhöht werden – dafür aber für alle Rentner, die aktuellen und die künftigen. Die Erhöhung der AHV-Renten um 70 Franken würde knapp 1,4 Milliarden Franken kosten. Dieses Geld soll gezielt zur Aufbesserung der Minimalrente – sie liegt derzeit bei 1175 Franken pro Monat – eingesetzt werden. Das Bundesamt für Sozialversicherungen muss in der heutigen Kommissionssitzung Zahlen für dieses Modell vorlegen: Wie viele Leute würden profitieren? Wie hoch wäre die Rentenerhöhung? Und wie müsste das Gesetz geändert werden, damit die Maximalrente nicht automatisch erhöht würde? Denn heute sind die beiden Renten gekoppelt: Die Maximalrente ist doppelt so hoch wie die Minimalrente. Kuprecht sieht zwei Vorteile in diesem Modell: Erstens würde Leuten mit tiefen Einkommen gezielt geholfen. Zweitens würden alle Rentner gleich behandelt. Bei der FDP dürfte Kuprecht auf offene Ohren stossen. Zumindest Joachim Eder hält seinen Ansatz für zielführend. Das Kalkül der Rechtsbürgerlichen ist, dass es in einem Abstimmungskampf für SP und CVP schwer erklärbar wäre, weshalb sie eine Erhöhung der Minimalrente abgelehnt haben.

«Kein Kommentar»

Für solche gezielten Verbesserungen für Menschen mit tiefen Einkommen weibelte bei den Ständeraten auch der freisinnige Bauernverbandsdirektor Jacques Bourgeois. Das ist von Belang: Denn die Stimme der Landwirte könnte im Altersreform-Krimi am Schluss den Ausschlag geben. Als weitere Variante wird offenbar noch geprüft, dass die Übergangsgeneration keinen AHV-Zustupf bekommt.

Ob es SVP und FDP gelingt, einen Keil zwischen SP und CVP zu schlagen, ist offen. Am Mittwoch gab es Gespräche zwischen den Fraktionsspitzen von FDP und CVP. Wie sie ausgingen? «Kein Kommentar», sagte CVP-Chef Filippo Lombardi. Die Situation ist angespannt.