Startseite
Schweiz
Der Nationalrat entscheidet am morgen Donnerstag über zusätzliche Medien-Subventionen. Es steht viel auf dem Spiel.
Alle Haushalte haben eine Abgabe zu entrichten, aus der die SRG jährlich 1,2 Milliarden Franken erhält. Aber auch private Radio- und TV-Anbieter profitieren mittels Gebührensplitting aus diesem Topf; rund 50 Millionen Franken fliessen direkt und indirekt konzessionierten Lokalradios zu, gut 55 Millionen Franken zu den Regional-TV-Stationen. Die Post wiederum erhält vom Bund 50 Millionen Franken, damit diese den Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften verbilligt. Gleichzeitig profitieren alle Medien von einem reduzierten Mehrwertsteuersatz, was dem Staat Mindereinnahmen von 125 bis 130 Millionen Franken beschert.
Der Bundesrat hat eine Aufstockung der Subventionen um 80 Millionen Franken jährlich beantragt, wobei die Printmedien 20 Millionen, die Online-Medien 30 Millionen erhalten sollen und weitere allgemeine Fördermassnahmen mit 30 Millionen Franken unterstützt werden sollten. Der Ständerat hat als Erstrat diesen Betrag um 50 Millionen Franken zugunsten der gedruckten Medien erhöht. Für die 30 Millionen Franken, die für Online-Medien vorgesehen sind, hat der Ständerat allerdings die Ausgabenbremse nicht gelöst, was eine Bedingung für die Auszahlung ist.
Der Bundesrat schlägt vor, dass alle Mediengattungen profitieren, allerdings auf unterschiedlichen Wegen und aus unterschiedlichen Kassen. Die gedruckten Medien sollen über eine Anpassung des Postgesetzes mehr Geld für den Vertrieb erhalten. Die konzessionierten Radio- und TV-Stationen haben – ausserhalb dieses Massnahmepakets – bereits im April das Versprechen auf etwas mehr Gebührenggelder erhalten. Zusätzlich sollen aus dem gleichen Topf verschiedene Infrastrukturmassnahmen bezahlt werden. Für die Finanzierung von Online-Medien möchte der Bundesrat eine spezielle, auf zehn Jahre begrenzte Finanzierung schaffen.
Bei der Presse- und den Radio-/TV-Subventionen können Instrumente ausgebaut werden, die es bereits gibt. So sollen gemäss dem Beschluss des Ständerates auch die Frühzustellung grossauflagiger Zeitungen mitfinanziert werden, wenn auch mit einem tieferen Ansatz – und nicht nur die Zustellung am späteren Morgen oder Mittag durch die Post. Für die Finanzierung der Online-Medien sollen neue Kriterien geschaffen werden, die hoch umstritten sind. Grundsätzlich sollen lediglich Bezahlmedien Geld erhalten, wobei kleinere Anbieter stärker abgegolten werden sollen als grössere. Die «Republik» beispielsweise soll Geld erhalten, da sie Abogebühren verlangt, während die werbefinanzierten Portale (z.B. «20 Minuten», «Blick.ch» oder «Watson»), die für den Nutzer gratis sind, leer ausgehen.
Nur die SVP hat grundsätzliche Bedenken, ob die Medien als vierte Gewalt im Staat von diesem Staat auch finanzielle Unterstützung erhalten soll. Die anderen Parteien verweisen darauf, dass die Medien schon längst subventioniert werden oder wie die SRG spezialrechtlich über staatliche Abgaben finanziert werden. Umstritten ist bei ihnen lediglich, in welcher Form die Online-Medien neu bezuschusst werden sollen.
Bisher bekommen Online-Portale kein Staatsgeld. Mit 30 Millionen pro Jahr und auf zehn Jahre beschränkt ist diese geplante neue Finanzierung geldmässig nicht entscheidend, dennoch scheiden sich daran die Geister. Zum einen, weil jede neue Subvention in den Markt eingreift und zusätzlichen Diskussionsbedarf mit sich bringt. Zum anderen, weil daran die Fronten zwischen grossen und kleinen Anbietern sowie zwischen Bezahl- und Gratismedien aufbrechen. Diese Konstellation wird noch dadurch verschärft, da der Vorschlag des Bundesrates explizit eine Degression vorsieht, die kleine Anbieter bevorzugt. Degression heisst: Mit zunehmender Reichweite des Portals sinken die Subventionen.
Die Verlagsbranche argumentiert, dass in den vergangenen zehn Jahren die Werbeerlöse um eine Milliarde Franken gesunken sind und sich damit halbiert haben. Auch stetig steigende Abonnementpreise konnten diesen Rückgang nicht kompensieren, sondern haben vielmehr den Rückgang der bezahlten Abonnements weiter beschleunigt. Aktuell hat die Tamedia ein Sparprogramm über 70 Millionen Franken im publizistischen Bereich und Ringier die Einstellung von Zeitschriften angekündigt. Noch länger als die Branche selbst fordern Staatsrechtler eine stärkere Subventionierung der Medien, da deren Leistung als entscheidend für das Funktionieren einer direkten Demokratie erachtet wird.
Grundsätzlich gibt es keinen Zusammenhang. Denn zur Linderung der Ausfälle durch die Coronakrise – die Branche spricht von einem Schaden von mindestens 400 Millionen Franken – hat das Parlament ein eigenes Paket im Wert von 70 Millionen Franken zugunsten der Medien geschnürt. Die Coronakrise hat jedoch zu einem beschleunigten Verfahren für das nun zur Diskussion stehende Paket geführt. Dies soll beschlossen werden, bevor parlamentarisch eine Grundsatzdiskussion über ein neues Mediengesetz geführt wird.