Ab 2014 sollen Helikopter mit Scharfschützen für den Luftpolizeidienst eingesetzt werden. Im Gegensatz zu Kampfjets könnten diese auch auf sehr kleine und langsame Fluggeräte reagieren.
Es ist paradox: Die Luftwaffe besitzt eine Fliegerflotte mit einem Kaufwert von mehreren Milliarden Franken. Doch wenn ihre Piloten ein einfaches Modellflugzeug, einen sehr langsamen Sportflieger oder einen Helikopter luftpolizeilich kontrollieren müssen, stösst sie schnell an ihre Grenzen.
Nach gut hundert Tagen im Amt hat der Kommandant der Luftwaffe, Aldo Schellenberg, an seinem ersten Informationsrapport Miliz-Offiziere und Berufspersonal auf die Herausforderungen der Armee eingeschworen. Im Hinblick auf die kommende Volksabstimmung ist er zuversichtlich. Es gebe für die Schweiz keine sinnvolle Alternative zu einer Milizarmee mit allgemeiner Wehrpflicht. Eine freiwillige Armee oder ein Berufsheer sei im Normalfall viel zu gross und im Bedarfsfall viel zu klein. Zur geplanten Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen als Ersatz der 54 Tiger-Jets sagte Schellenberg, dass es zum Gripen E auf absehbare Zeit keine Alternative gebe. (SDA)
Der Grund: Gewisse Zielobjekte fliegen zu langsam, als dass die Piloten in ihren Kampfjets und Propellerflugzeugen Sichtkontakt aufbauen und ihnen bei Bedarf klare Signale zum Landen oder Umkehren geben könnten. Gerade bei Grosseinsätzen wie am World Economic Forum in Davos kann dieses Defizit zu gefährlichen Situationen führen.
Keine «expliziten Kosten»
Luftwaffenkommandant Aldo C. Schellenberg will nun Helikopter in den Luftpolizeidienst integrieren, um dem Geschwindigkeitsproblem Herr zu werden. Ihr Vorteil gegenüber Kampfjets: Sie können ihr Tempo beliebig reduzieren und falls nötig in der Luft schweben, ohne sich fortzubewegen. «Ab Herbst 2014 sind Einsätze planmässig vorgesehen», bestätigt Schellenbergs Kommunikationschef Jürg Nussbaum auf Anfrage der «Nordwestschweiz» in einem E-Mail.
Ob nur einer oder beide Helikoptertypen der Luftwaffe für den Luftpolizeidienst infrage kommen, präzisiert der Sprecher nicht. Derzeit werden die Super Pumas und Eurocopter in erster Linie für Personen- und Materialtransporte, aber auch für Such- und Löschaktionen gebraucht.
Bei den geplanten Luftpolizeieinsätzen sollen speziell ausgebildete Bordschützen «mit leichten, portablen Schusswaffen» in den Helikoptern mitfliegen. Nussbaum betont, «explizite Investitionskosten» fielen keine an, da die verwendeten Waffen aus dem bestehenden Inventar der Armee stammten und eine fixe Schusswaffeninstallation «vorläufig» nicht geplant sei.
Dennoch seien die Scharfschützen für einen wirksamen Luftpolizeidienst unerlässlich. Nur mit der abschreckenden Wirkung von Waffengewalt könne das Zielobjekt glaubwürdig am Eindringen in einen Luftraum gehindert werden. «Im Gegensatz zum Polizeieinsatz am Boden kann ein fliegendes Luftfahrzeug nicht nach Belieben zur Kontrolle angehalten oder abgedrängt werden.»
Eine Woche Ausbildung
Aktuell verfügen nur wenige Luftwaffen-Helikopterpiloten über eine luftpolizeiliche Ausbildung. In einem Interview mit der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift» kündigt Kommandant Schellenberg an, dass künftig alle Berufshelikopterpiloten die einwöchige Grundausbildung durchlaufen sollen.
Fabian Ochsner, Zentralpräsident der Gesellschaft der Offiziere der Luftwaffe, begrüsst die Integration der Helikopterflotte im Luftpolizeidienst. Im Bereich der kleinen, langsamen und tief fliegenden Flugobjekte bestehe seit längerem Handlungsbedarf, sagt er, und spricht in diesem Zusammenhang von der «Low, Slow, Small»-Problematik.
Anders als noch vor 20 Jahren hätten heute neben dem Militär auch Privatpersonen Zugang zu unbemannten Kleinflugzeugen. Diese könnten unter Umständen erheblichen Schaden anrichten. Darum brauche es im Notfall Helikopter: «Wir müssen an alle möglichen Szenarien denken», sagt Ochsner.