Agrarpolitik ist ein schwieriges Metier. Das bestätigte ein CVP-Diskussionsabend eindrücklich.
Mathias Küng
Jede Partei in der Schweiz versucht auf ihre Weise, Mittel zu generieren. Die CVP Aargau hat einen «500er-Club». Wer jährlich über 500 Franken spendet, gehört dazu. Derzeit umfasst der von Roman Kuhn koordinierte Club 108 Mitglieder. Für sie wird jährlich in Böttstein ein Anlass organisiert, an dem die Mandatsträger über ihr Tun refereieren.
Zudem holt die Partei jeweils einen prominenten Referenten. Mit Bauernverbandspräsident und SVP-Nationalrat Hansjörg Walter hatte sie dieses Jahr ein wahrhaft gutes Händchen. Mehr Aktualität für ein Thema kann man sich nicht wünschen, wie Parteipräsident Franz Hollinger darlegte. Landwirtschaftsministerin Doris Leuthard (CVP) steht in der Kritik der Bauern. Nun verlangt gar CVP-Präsident Darbellay, den EU-Agrarfreihandel zu begraben, wenn nicht bald eine WTO-Runde kommt.
Walter hofft auf Variantendenken
Vor diesem Hintergrund skizzierte Walter sehr nüchtern die Schweizer Agrarpolitik im sich stürmisch verändernden Umfeld. Und stellte Berechnungen vor, die für die Bauern im Fall von EU-Agrarfreihandel, einer WTO-Runde oder beidem dramatische Einkommenseinbrüche erwarten lassen. Mit Blick auf die Bauern, die Doris Leuthard mit Stiefeln bewarfen, meinte Walter: «Der Freihandel war eine Idee von Pascal Couchepin, der Bundesrat hat es beschlossen, Doris Leuthard setzt es bloss um.»
Walter weiter: «Bundesrat und Parlament machen die Agrarpolitik. Der Einfluss des Departements ist relativ klein.» Heute werde halt stark personalisiert. Walter: «Leuthard muss damit leben.» Im übrigen habe sie 2007 an der Grünen Woche in Berlin beim Auftritt des Aargaus vor Tausenden Zuschauern einen «hervorragenden Auftritt» gehabt.
In der aktuellen Agrarpolitik hofft Walter, dass in Varianten gedacht wird und man nicht nur einen Weg verfolge, mit dem man dann «gegen die Wand fährt». Und gab zu bedenken, wie wichtig die Landwirtschaft im ländlichen Raum ist. Wenn sie darbe, gebe es auch keine Arbeit fürs Gewerbe, dann weniger Einwohner, weniger Service public usw. Walters ruhige, unpolemische Art kam bei der CVP sehr gut an, was der Applaus deutlich machte.
Landammann und Landwirtschaftsdirektor Roland Brogli (CVP) kündigte an, die Regierung werde im Januar das neue Landwirtschaftsgesetz vorstellen. Brogli legte ein Bekenntnis ab zu einer nachhaltig produzierenden Landwirtschaft, deren ökologischen Leistungen abgegolten werden und legte dar, wie die Regierung den Kanton durch die Wirtschaftskrise steuert. Brogli: «Ich will keine Ausgabekürzungsprogramme, aber auch keine grosse Impulsprogramme». Letztere griffen meist zu spät, viel davon verpuffe im Ausland und erhöhe auch noch die Staatsverschuldung.
Egger: «Nicht überschossen»
Schliesslich gaben die drei Aargauer CVP-Nationalräte kurz Einblick in ihre Dossiers. Für Markus Zemp ist klar, dass die SVP mit ihrem Bauern-Parteitag den Wahlkampf 2011 eröffnet hat und in den CVP-Stammlanden «um bäuerliche Stimmen buhlt». Zemp warnte vor Populismus. Statt für einen Ausstieg aus der WTO zu plädieren, solle man Visionen entwickeln, damit die Schweizer Landwirtschaft langfristig bestehen kann.
Die Finanzpolitikerin Esther Egger zeigte sich froh, dass die Schweiz (wie der Aargau) mit Konjunkturprogrammen «nicht überschossen hat». Und Gesundheitsspezialistin Ruth Humbel schloss ihren Tour d`horizon durch die grossen sozialpolitischen Baustellen des Bundes auch mit einem Link zur Landwirtschaft. Wer gesunde Milch trinke, betreibe damit auch noch eine überaus günstige Gesundheitsprävention.