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Schweiz
Kritiker lassen kein gutes Haar an den Kampfjet-Plänen von Verteidigungsminister Guy Parmelin (SVP). Sein Parteikollege Thomas Hurter verteidigt das Milliardenprojekt – das Budget sei nicht zu gross, sondern zu klein.
Herr Hurter, Weihnachten naht! Welchen Kampfjet hätten Sie gern unter dem Christbaum?
Thomas Hurter: Darauf werde ich nicht antworten, weil es nichts zur Sache tut. Wichtig ist, dass wir die Luftwaffe erneuern. Die bestehenden F/A-18 sind noch maximal bis 2030 einsatzfähig. Und eine Kampfjet-Beschaffung dauert sieben bis zehn Jahre. Wir müssen sie jetzt angehen – sonst haben wir ab 2030 keine Luftwaffe und damit auch keine Armee mehr.
SP-Nationalrätin Chantal Galladé vergleicht Verteidigungsminister Guy Parmelin auf Twitter mit einem Kind, das hinter jedem Produkt im Weihnachtskatalog ein Kreuzchen macht. Sie hingegen stellen sich auf den Standpunkt: Acht Milliarden sind nicht genug. Wollen Sie ernsthaft noch mehr Geld in die Luftwaffe buttern?
Die Armee und die Luftwaffe haben einen Verfassungsauftrag. Um den zu erfüllen, brauchen wir 55 bis 70 Kampfflugzeuge. Dafür sind acht Milliarden zu wenig.
Wie ein kleines Kind, das ein Kreuzlein hinter jedem Angebot im Weihnachtskatalog macht. So gehts nicht Herr Parmelin- zu teuer. https://t.co/f85EVk0okB
— Chantal Galladé (@ChantalGallade) 9. November 2017
Wie kommen Sie auf diese Zahl – 55 bis 70 Jets?
Ausschlaggebend sind verschiedene Faktoren: So zum Beispiel der Verfassungsauftrag, der Einsatzraum, die Durchhaltefähigkeit. Wenn man das durchrechnet, kommt man auf diese Zahl.
Österreich – ebenfalls ein neutrales Land und flächenmässig doppelt so gross wie die Schweiz – will 18 Jets kaufen. Sind die Österreicher leichtsinnig oder haben Sie in Ihrer Rechnung doch etwas zu grosszügig gerundet?
Die österreichische Luftwaffe existiert praktisch nicht mehr. Sie ist faktisch am Boden. Die Kleinheit der Schweiz ist zudem kein Argument – im Gegenteil. Gerade weil die Schweiz klein ist, braucht sie mehr Jets als andere Länder. In einem kleinen Land sind kürzere Reaktionszeiten gefragt. Um eine 24-Stunden-Luftwaffe anzubieten, braucht es genug Material.
Dann sehen Sie im Ernstfall schwarz für Österreich?
Wenn Österreich weiterhin sicher bleiben will, bleibt dem Land nur eine Kooperation mit anderen Staaten. Für die Schweiz kommt das nicht infrage.
Das sehen linke Sicherheitspolitiker anders.
Eine solche Kooperation wäre das Ende der souveränen, neutralen Schweiz. Klar, wenn man diesen Status aufgeben will, kann man das tun. Dann legten wir unser Schicksal in die Hände der NATO. Dann wäre es aber auch die NATO, die bestimmt, wie viele und wie teure Jets wir künftig kaufen müssen.
Womit wir wieder beim Thema wären: Vor drei Jahren lehnte das Stimmvolk den Gripen für drei Milliarden Franken ab. Wie lässt es sich rechtfertigen, nun ein Vielfaches davon für neue Jets auszugeben?
Erstens würden die acht Milliarden nicht nur für neue Flieger, sondern auch für den Objektschutz und Raumschutz vom Boden aus verwendet. Zweitens wurde der Gripen aus einer Vielzahl an Gründen abgelehnt, die ich an dieser Stelle nicht noch einmal aufrollen will.
Besonders stossend ist für Kritiker, dass Parmelin das Stimmvolk nicht einmal zu seinen Plänen befragen will. Ist es demokratiepolitisch nicht sehr ungeschickt, den Kauf einfach am Volk vorbeizuschmuggeln?
Das ist kein Vorbeischmuggeln, sondern ein normaler Vorgang. Das Stimmvolk hat schon mehrfach Ja gesagt zur Armee und zu ihrem Auftrag. Mit welchem Material sie diesen erfüllt, muss nicht das Volk entscheiden. Man fragt Herrn Meyer von der SBB auch nicht, welchen Zug er kauft. Die Linken sollen mit ihrem Schattenboxen aufhören und dazu stehen, dass sie am liebsten gar keine Flieger wollen. Die Volksrechte bleiben gewahrt. Man kann jederzeit eine Volksinitiative einreichen.
Viele Gegner verweisen darauf, dass im Bundeshaus sonst jeder Rappen zweimal umgedreht werde. Sie befürchten, dass eine Milliarden-Investion in Kampfjets Sparübungen in anderen Bereichen – etwa bei der Bildung – zur Folge hätte.
Ich kenne viele Departemente, die den Rappen nicht zweimal umdrehen. Ich denke da etwa an die Entwicklungshilfe. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass das VBS eines der Departemente mit der grössten Transparenz ist.
Wie watson-Kollege Helfenberger berechnet hat, könnten für acht Milliarden Franken alle Menschen in der Schweiz sechs Jahre lang gratis Zug fahren. Wäre das nicht die bessere Investition?
Nein. Man vergisst gern, dass schon heute jedes Bahnbillett zur Hälfte vom Staat finanziert ist. Sicher hat Ihr Kollege noch ganz viele andere Ideen, was man mit den acht Milliarden anstellen könnte. Aber es geht hier um die Sicherheit und Stabilität unseres Landes. Nur, wenn sie gegeben ist, fühlt sich unsere Bevölkerung sicher und bleiben die grossen Konzerne in der Schweiz. Und nur in einem sicheren und stabilen Land können auch Bereiche wie Bildung und Mobilität vernünftig organisiert werden. Das hängt alles zusammen.