Suizidprävention
Gedanken an Selbstmord nehmen wegen Corona zu – diese zehn Tipps helfen den Betroffenen und dem Umfeld

Suizidgedanken werden oft in den Sozialen Medien geäussert. Die Dargebotene Hand hat als Reaktion in Zusammenarbeit mit Twitter «Prompts» entwickelt: Bei gewissen Schlüsselworten wird eine Nachricht mit dem Hinweis auf die Dargebotene Hand gepostet.

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1786 Mal erfasste die Dargebotene Hand das Thema Suizidalität bereits im 2020. Das ist ein Anstieg um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (Symbolbild)

1786 Mal erfasste die Dargebotene Hand das Thema Suizidalität bereits im 2020. Das ist ein Anstieg um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (Symbolbild)

Keystone

Das Coronavirus schlägt auf die Psyche. Das merkt auch die Telefonmeldestelle der Dargebotenen Hand. «Vom 1. März bis zum 30. Juni 2020 wurden schweizweit 1768 Gespräche mit Menschen geführt, welche sich mit dem Gedanken tragen, ihr Leben gewaltsam zu beenden.» Das meldet die Hilfsorganisation in einer Mitteilung. Das sei ein Anstieg um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Tendenz sei steigend.

Auch die tagesgenauen Auswertungen der Task-Force des Bundesrates zu Daten von acht Regionalstellen deuteten auf einen Anstieg hin. Zudem befürchtet die Dargebotene Hand, dass die Verzweiflung in der Bevölkerung wegen den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus weiter wachsen wird. Es drohen Lohnkürzungen, Entlassungen und Konkurse.

Tel 143 – auch in der Pandemie für alle da

Die Dargebotene Hand ist eine politisch und konfessionell unabhängige und neutrale, Zewo-zertifizierte Non-profit-Organisation, die sich zu 40% aus institutionellen Beiträgen und zu 60% aus Spenden finanziert. Für alle Menschen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein ist Tel 143 eine niederschwellige Anlaufstelle für emotionale Erste Hilfe.

In 12 Regionalstellen sind rund 670 gut ausgebildete und professionell betreute Freiwillige am Werk. Das Angebot ist kostenlos, anonym und rund um die Uhr präsent. Es kann per Telefon, E-Mail oder Chat Hilfe gesucht werden - am einfachsten ist der Einstieg über www.143.ch.

Algorhythmus soll Suizidgedanken erkennen

Suizidgedanken werden oft versteckt und ebenfalls oft in den Sozialen Medien geäussert. Daraufhin habe Tel143 in Zusammenarbeit mit Twitter sogenannte Search Prompts entwickelt, informiert die Medienmitteilung weiter. Werden gewisse Schlüsselbegriffe erkannt, welche «auf existenzielle Sorgen oder Suizidgedanken hinweisen» poppt eine Meldung auf, in der in drei Landessprachen darauf hinweist, «dass die Dargebotene Hand jederzeit für alle da ist.»

Corona-Solidarität auch in der Suizidprävention

Die Dargebotene Hand möchte die während des Lockdowns entstandene Solidarität auf die Prävention übertragen. Besonders wichtig sei das Hinhören und Nachfragen, wenn Mitmenschen über ihre Sorgen oder sogar Selbstmordgedanken sprächen. Dazu hat die Hilfsorganisation zehn Tipps zusammengestellt, wie man sich in solchen Situationen verhalten solle. (az)

10 Tipps im Umgang mit Menschen, die vermutlich oder offen suizidgefährdet sind:

- Offen nach Suizidgedanken fragen: Darüber sprechen entspannt die Situation.

- Aussagen ernst nehmen: Es stimmt nicht, dass Menschen die mehrfach von Suizid sprechen, sich nichts antun werden.

- Zuhören als wichtigste Hilfe: Schenken Sie der suizidgefährdeten Person Ihr ungeteiltes Ohr.

- Entlasten – nicht Probleme lösen: Sich aussprechen zu können, ist eine wesentliche Entlastung für die Betroffenen. Versuchen Sie nicht, Probleme schnell lösen zu wollen.

- Verantwortung teilen: Holen Sie sich Unterstützung im Umfeld oder bei Fachpersonen. Bleiben Sie nicht allein.

- Klar Stellung beziehen, ohne zu werten: «Ich verstehe, dass Du in dieser Situation verzweifelt bist. Aber ich möchte Dir helfen, am Leben zu bleiben. Nur so ist eine Veränderung möglich».

- Eigene Grenzen anerkennen: Für kurze Zeit ist ein hohes Engagement gerechtfertigt, langfristig besteht die Gefahr der Überforderung.

- Keine Geheimnisse: Nothilfe geht vor Geheimniswahrung. Dies gilt auch für Äusserungen im inneren Familienkreis.

- Sicherheit geht vor: Zögern Sie nicht, gefährliche Gegenstände, Stricke, Waffen, Drogen oder Medikamente zu entfernen.

- Hilfe bei Profis suchen: Suizidalität hat viele Ursachen. Holen Sie bei akuter Gefahr professionelle Unterstützung. Die Ambulanz kommt auch für solche Notfälle (Tel144).

Quelle: Zusammenfassung der 12 Tipps des Forums für Suizidprävention und Forschung Kanton Zürich, www.fssz.ch

Nützliche Links:

www.reden-kann-retten.ch – Die Suizidpräventionskampagne von Bund und Kantonen
www.wie-gehts-dir.ch – Die Kampagne für alle, lernen möchten, über Gefühle zu sprechen
www.dureschnufe.ch – Eine Plattform mit Anlaufstellen und Tipps zur psychischen Gesundheit