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Schweiz
Die Schweiz unterhält eine Forschungs-Kooperation mit der EU. Wegen der politischen Streitigkeiten und Entwicklungen könnte diese nun auf der Kippe stehen.
Es läuft alles auf die zweite Oktoberhälfte hinaus: Dann irgendwann will der Bundesrat sagen, wie es mit dem Rahmenabkommen weitergehen soll. Dann müsste auch allmählich klar werden, welche Wendung der Brexit nehmen wird. Und erst dann können die Fragen beantwortet werden, die sich Schweizer Forscher schon seit längerem stellen: Können sie beim rund 90 Milliarden schweren EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» ab 2021 dabei sein? Oder werden sie wie schon 2014 nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative die ersten Opfer sein, wenn es in den bilateralen Beziehungen kracht?
Fest steht: Die Gefahr, dass die Schweizer Forscher unter die Räder kommen, ist real.
Am Dienstag einigten sich die EU-Mitgliedsstaaten darauf, dass die Schweiz bei der Assoziierung an «Horizon Europe» nicht mehr zusammen mit den EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein geführt werden soll. Neu soll die Schweiz in einer allgemeinen Drittstaatenkategorie mit Grossbritannien und anderen Staaten wie Kanada landen. Der Grund für die Umteilung ist das fehlende Rahmenabkommen.
Die Konsequenz wird sein, dass für die Schweiz neue, nämlich schlechtere Bedingungen gelten. Im schlimmsten Fall drohen eine extra Zugangsgebühr und der Ausschluss aus gewissen Forschungsbereichen. Und weil der Brexit das Verhältnis zu allen anderen Drittstaaten belastet, könnte statt eines einfachen Assoziierungsabkommens ein breiteres Dachabkommen nötig werden, das den Zugang zu sämtlichen EU-Programmen bündelt. Für solche substanziellen Verhandlungen müsste die Schweizer Politik aber erst ein Mandat verabschieden. Der parlamentarische Prozess samt möglicher Volksabstimmung könnte Jahre dauern. Bis dahin blieben die Schweizer Forscher ausgesperrt.
Ob es so weit kommt, entscheidet die EU-Kommission. An ihr liegt es, zu bestimmen, wie stark sie den Hebel mit der Forschung gegenüber der Schweiz einsetzen will. Bei den Mitgliedsstaaten wird zwar betont, wie sehr man die Schweiz als exzellenten Forschungspartner schätze und dass man sehr wohl der Kommission auf die Finger schauen werde. Auch darf gefragt werden, ob die EU bei einem Chaos-Brexit wirklich daran interessiert ist, neben dem Vereinigten Königreich noch einen weiteren starken Forschungspartner zu verlieren.
Trotzdem: Das Druckmittel für Zugeständnisse beim Rahmenabkommen einfach so aus der Hand geben wird man nicht.
Auf der anderen Seite hat auch die Schweiz ihre Argumente. Neu dürfen Drittstaaten nämlich nur noch so viel Geld von den EU-Töpfen beziehen, wie sie darin einzahlen. Und das wird nicht wenig sein: Rund sechs Milliarden Franken will sich der Bundesrat «Horizon Europe» kosten lassen. Der Ständerat hat den Kredit kürzlich bereits bestätigt. Käme es zum Bruch in der Kooperation mit der EU, dürfte das Geld anderweitig in die Forschung investiert werden.