Zwei Tage vor der Delegiertenversammlung zum Thema Finanzplatz ist es vorbei mit der Harmonie bei der FDP. Nationalrätin Doris Fiala wirft ihrem Parteikollegen Werner Messmer mangelnde Selbstkritik vor – Messmer sagt dazu vorerst nichts.
Beat Rechsteiner
Wochenlang hat sie im parteiinternen Streit um eine Weissgeldstrategie geschwiegen. Doch nun macht die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala ihrem angestauten Ärger Luft. Im Visier hat sie in erster Linie Werner Messmer, ebenfalls FDP-Nationalrat und als Präsident des Baumeisterverbands einer der führenden Köpfe des Werkplatzflügels im Freisinn. «Messmer hat sich weit aus dem Fenster gelehnt und den gesamten Finanzplatz durch den Kakao gezogen», sagte Fiala gestern gegenüber dieser Zeitung. «Dabei hätte er besser zuerst vor der eigenen Tür gewischt und in seiner Branche aufgeräumt.»
Fiala wirft dem Parteikollegen mangelnde Selbstkritik vor, schliesslich entstünden dem Bund durch Schwarzarbeit in der Baubranche Milliardenschäden wegen fehlender Einnahmen bei den Steuern und den Sozialwerken. Darüber aber habe Messmer in der ganzen Diskussion kein Wort verloren. Sie wundere sich deshalb, wie er dennoch derart beseelt sein könne von der Idee, den Finanzplatz säubern zu müssen. Sie selbst lehne unsaubere Geldgeschäfte zwar genauso klar ab. Doch gehe es jetzt auch darum, sicherzustellen, dass der Finanzplatz Schweiz international konkurrenzfähig bleibe.
Hintergrund von Fialas Kritik ist der heftige Streit zwischen Finanzplatz- und Werkplatzvertretern in der FDP. Während Wochen hatten Messmer & Co. entgegen der Parteilinie eine konsequente Weissgeldstrategie gefordert und die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und schwerer Steuerhinterziehung auch im Inland zur Disposition gestellt. Fiala hatte sich über die «Abweichler» derart geärgert, dass sie diesen an einer Fraktionssitzung sogar den Austritt aus der FDP nahelegte.
Dennoch: Im parteiinternen Ringen um die Weissgeldstrategie sah es zwischenzeitlich nach einem Triumph des Werkplatzflügels aus. Dann aber sind die kantonalen Parteipräsidenten an ihrer Konferenz vom letzten Freitag wieder auf einen bankentreuen Kurs eingeschwenkt. Einen Kurs, den die Delegiertenversammlung am Samstag in Bern eventuell stützt (siehe Artikel unten).
Kein böses Wort über Fiala
Werner Messmer mochte sich gestern zu den Vorwürfen Fialas nicht äussern: «Ich will jetzt erst einmal die Beschlüsse der Delegiertenversammlung abwarten. Danach werde ich womöglich auch einmal zu solchen Fragen Stellung nehmen.» Ohnehin halten sich die drei prominentesten und für gewöhnlich kampfeslustigen Werkplatzvertreter auffallend zurück. Messmer und seine Nationalratskollegen Philipp Müller und Otto Ineichen bringen kein böses Wort über Fiala über die Lippen – zumindest solange das Aufnahmegerät des Journalisten läuft. Und sie stellen sich demonstrativ hinter den Vorschlag der Parteipräsidentenkonferenz, den Müller als «gelungenen Kompromiss» bezeichnet.
Doris Fiala wiederum quittiert solche Aussagen mit einem Schmunzeln und sagt: «Ich finde es mutig, dass gewisse Herren jetzt so tun, als hätten sie sich durchgesetzt. Dabei ist doch offensichtlich, dass sie sich verrannt und die Haltung der Parteibasis in dieser Frage falsch eingeschätzt haben.»