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Familien-Zulagen und -Abzüge: So grosszügig sind die Kantone

Der Dschungel an Abzügen und Zulagen, die Familien mit Kindern geltend machen können, ist unübersichtlich. Die «Nordwestschweiz» bringt Licht ins Dunkel der kantonalen Familienpolitik.

Antonio Fumagalli
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Kinder sind das schönste Geschenk auf Erden! Das sagen viele Eltern, wenn die Sprösslinge nicht gerade mit Babybrei um sich werfen, die Lehrerin mit Schimpfwörtern eindecken oder nach einer Strolchenfahrt von der Polizei nach Hause gebracht werden.

Familieninitiative: Steuerbefreite Kinderzulagen

Volk und Stände stimmen am 8. März über die Familieninitiative der CVP ab. Diese verlangt die Steuerbefreiung der Kinder- und Ausbildungszulagen. Diese werden heute zum Einkommen dazugerechnet und müssen entsprechend versteuert werden. Bundesrat und Parlament lehnen das Begehren ab. Hauptargument sind die Einnahmenausfälle für Bund, Kantone und Gemeinden in der Höhe von rund einer Milliarde Franken. Von den grossen Parteien sprechen sich SVP und CVP für die Initiative aus. (ssm)

Kinder kosten aber auch – und zwar eine schöne Stange Geld: Das Bundesamt für Statistik hat errechnet, dass das erste Kind mit monatlich rund 1000 Franken zu Buche schlägt. Und das, ohne die Lohneinbussen der Eltern in Betracht zu ziehen.

Kantone entscheiden selber

Der Staat ist darauf angewiesen, dass seine Bürger Kinder in die Welt setzen. Entsprechend setzt er fiskalische und ausserfiskalische Anreize, um Familien zu entlasten. Ob zwei dieser Massnahmen – die Kinder- und Ausbildungszulagen – künftig von den Steuern befreit werden sollen, entscheidet das Stimmvolk am 8. März.
Doch die Schweiz wäre nicht die Schweiz, wenn bei den steuerlichen Entlastungen von Familien nicht jeder Kanton sein eigenes Regime haben würde. Der Bund legt dabei teilweise die Rahmenwerte fest.

Wohin sollen Eltern also ziehen, wenn sie sich nur von finanziellen Argumenten leiten lassen? Die «Nordwestschweiz» hat die familienbezogenen Abzüge und Zulagen in den Kantonen miteinander verglichen und der Einfachheit halber gruppiert.

Kantonale Zulagen und Abzüge

Kantonale Zulagen und Abzüge

NCH/BAR

Familienzulagen

Mit den Kinder- und Ausbildungszulagen gleichen Bund und Kantone einen Teil der Kosten aus, die durch den Unterhalt der Kinder entstehen. Seit 2009 müssen die Kantone pro Kind und Monat mindestens 200 Franken Kinderzulagen (bis 16 Jahre) und 250 Franken Ausbildungszulagen (bis maximal 25 Jahre) entrichten. Über die Hälfte der Kantone gewähren genau diesen Mindestbetrag.

In der Romandie ist man ungleich generöser: Alle französischsprachigen Kantone überschreiten das Minimum, Genf zahlt je nach Alter der Kinder bis zu 400 Franken Kinder- und bis zu 500 Franken Ausbildungszulagen pro Kind und Monat. Zudem entrichten die welschen Kantone eine einmalige Geburts- und Adoptionszulage von bis zu 3000 Franken. In der Deutschschweiz kann mit 300 Franken Kinderzulagen einzig das reiche Zug mithalten.

Kinder- und Versicherungsabzüge

Während die Familienzulagen das Reineinkommen der Familien vergrössern, reduziert sich dieses durch den Kinderabzug und den kinderbezogenen Abzug für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen wieder. Bei der direkten Bundessteuer beträgt der Kinderabzug 6500 Franken, der Versicherungsabzug 700 Franken. Da es sich um einen Sozialabzug handelt, macht der Bund den Kantonen keine Vorschriften. Sie gewähren jedoch allesamt die Abzüge – mit teilweise frappanten Unterschieden.

Wer etwa in Appenzell Ausserrhoden seine Kinder grosszieht, kann für ein minderjähriges Kind gerade mal 5000 Franken von seinem Nettoeinkommen abziehen. Auch Nidwalden, Solothurn, Neuenburg, Jura und Appenzell Innerrhoden kennen Kinderabzüge von unter oder bis 6000 Franken pro Kind. Am anderen Ende der Skala stehen Zürich, Schwyz, Tessin, Genf und Zug, wo bis zu 18 000 Franken abgezogen werden können. Baselland kennt als einziger Kanton ein System, das von der Progression unabhängig ist und entsprechend Familien mit tieferen Einkommen proportional mehr entlastet. Jede Familie kann vom Steuerbetrag 750 Franken abziehen. Davon profitieren in erster Linie Geringverdiener.

Fremdbetreuungsabzug: Uri ist top

Vom Abzug für die Drittbetreuung von Kindern profitieren naturgemäss nur Eltern, die erwerbstätig, in Ausbildung oder erwerbsunfähig sind – was regelmässig zu politischem Zank führt, zuletzt bei der SVP-Familieninitiative im November 2013. Wer eine familienergänzende Kinderbetreuung beansprucht, kann auf Bundesebene gegen Nachweis bis maximal 10 100 Franken vom Einkommen abziehen.

Auf kantonaler Ebene sind die Unterschiede wiederum gross: Im Wallis, Bern, Jura und Thurgau können für die Drittbetreuung der Kinder jährlich nur zwischen 3000 und 4000 Franken geltend gemacht werden. Zahlreiche Kantone halten sich an den Richtwert vom Bund. Ganz anders die Kantone Neuenburg und Uri: Während in ersterem nachweisbare Abzüge bis 19 200 Franken möglich sind, kennt der Innerschweizer Bergkanton gar keinen Deckel. Was an Fremdbetreuung in Anspruch genommen wird, darf von den Steuern abgezogen werden. Selbstredend profitieren davon ohnehin nur vermögende Eltern, da tiefere Einkommensklassen ohnehin von vergünstigten Plätzen in den Kindertagesstätten profitieren. Der sonst grosszügige Kanton Zug rangiert beim Fremdbetreuungsabzug nur im Mittelfeld.

Fazit: Der Schein kann trügen

Auch wenn die Antwort unspektakulär ist: Es gibt in steuerlicher Hinsicht nicht DEN familienfreundlichsten Kanton der Schweiz. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen sind teilweise markant und die kantonalen Regelungen weisen eine Vielzahl von Ausnahmen und Einschränkungen auf. Hinzu kommen zahlreiche ausserfiskalische Massnahmen – etwa schulische Förderung oder die Subventionierung von Freizeitangeboten –, die das Wohlergehen einer Familie ebenso beeinflussen.

Und nicht zu vergessen: Die absolute Höhe von Zulagen und Abzügen kann trügen – aufgrund der unterschiedlichen Steuersätze in Kantonen und Gemeinden bleibt am Ende des Jahres möglicherweise doch weniger im Portemonnaie als in einem auf den ersten Blick «grosszügigeren» Kanton.