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Schweiz
Beni und Martina Hess müssen sich heute Mittwoch und morgen Donnerstag vor dem Bezirksgericht Baden wegen Entführung verantworten. Der Staatsanwalt fordert mehrmonatige Freiheitsstrafen. Das sind die 6 wichtigsten Fragen und Antworten zum Prozess.
Das Bezirksgericht Baden hat am Mittwoch und Donnerstag die Zeit von 8 bis 18 Uhr für die Verhandlung reserviert. Wann das Urteil fällt, ist noch nicht bekannt.
Staatsanwaltschaft Christoph Decker beantragt für Beni Hess eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und eine Busse von 2000 Franken. Decker wirft dem Vater von Anna (Name geändert) vor, seine Tochter mehrfach entführt zu haben. Neben dem Hauptanklagepunkt muss sich Hess auch wegen mehrfachen Entziehens von Minderjährigen und Nötigung verantworten. Der Staatsanwalt wirft ihm vor, Annas Mutter aufgefordert zu haben, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, dass Anna in der Schweiz bleibt. Er habe ihr gedroht, dass sie ihre Tochter sonst nie mehr sehen werde.
Dass sie im Mai 2015 mit Anna für 12 Tage nach Frankreich fuhr, um die Rückführung zu deren Mutter nach Mexiko zu vereiteln. Anna wollte zwar bei ihrem Vater und ihrer Grossmutter in Bremgarten im Kanton Aargau bleiben. Das Bundesgericht gab aber in einem zivilrechtlichen Verfahren Annas Mutter Recht, welche die Rückführung ihrer Tochter nach Mexiko verlangte. Der Staatsanwalt fordert für Martina Hess eine bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten wegen Entführung und Entziehens von Minderjährigen sowie eine Busse von 2000 Franken.
Mitangeklagt ist Beni Hess’ Partnerin wegen Gehilfenschaft zur Entführung. Der Staatsanwalt beantragt eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 70 Franken und eine Busse von 500 Franken. Als Privatklägerin fungiert Annas Mutter, die mexikanische Ex-Frau von Beni Hess.
Gut. Sie lebt mit ihrem Vater Beni Hess, dessen Partnerin und ihrem Stiefbruder in Bremgarten. Unter der Woche besucht das 14-jährige Mädchen eine Privatschule im Kanton St. Gallen. Zu ihrer Mutter hat sie ein gutes Verhältnis. Sie pflegen regelmässigen Kontakt.
Es geht um einen Elternkonflikt. Beni Hess lebte von 2001 bis 2014 mit einem Jahr Unterbruch in Mexiko. Mit seiner mexikanischen Frau bekam er im Oktober 2005 eine gemeinsame Tochter, Anna. Das Paar trennte sich 2013 und einigte sich auf das gemeinsame Sorgerecht. Die Obhut erhielt die Mutter, faktisch lebte Anna aber häufiger bei ihrem Vater. Der Familienplan lautete immer, dass Anna die Schule in der Schweiz besuchen soll. 2014 sollte sie einen mehrmonatigen Probelauf machen und dann wieder nach Mexiko zurückkehren. Anna fürchtete sich in Mexiko vor der grassierenden Kriminalität. Es gefiel ihr in der Schweiz so gut, dass Beni Hess sie für das ganze Schuljahr im aargauischen Bremgarten anmeldete. Die Mutter stimmte nicht zu und verlangte Anfang 2015 die Rückführung gemäss dem Haager Übereinkommen über Kindesentführung. Das Bundesgericht gab ihr im Mai 2015 Recht. Anna, damals neuneinhalbjährig, wehrte sich gegen den Entscheid. Um sie vor der Rückführung zu schützen, floh sie mit Grossmutter Martina Hess nach Frankreich.
Nach der Rückkehr in die Schweiz wurde die Rückführung vorerst sistiert. Ein Psychiater attestierte Anna Reisefähigkeit. Sie äusserte zwar immer noch konstant den Willen, in der Schweiz bleiben zu wollen. Doch im Juli vollzogen die Behörden die Rückführung nach Mexiko. Vater Beni Hess reiste ihr nach, durfte sie aber vorerst nicht sehen. Im Juni 2016 einigten sich er und Annas Mutter wieder auf das gemeinsame Sorgerecht. Ohne Zustimmung der Mutter durfte er das Land mit Anna nicht verlassen. Deren Wunsch auf eine Zukunft in der Schweiz blieb aber bestehen. Anfang 2018 flog Beni Hess mit seiner Tochter zurück in seine Heimat. Dieses Mal behielt er im zivilrechtlichen Verfahren die Oberhand. Das Bundesgericht trug jetzt Annas Willen, mit ihrem Vater in der Schweiz zu leben, Rechnung. Auf strafrechtlicher Ebene muss sich Beni Hess jedoch auch für diese Rückkehr wegen Entführung verantworten.