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Schweiz
US-Präsident Joe Biden bereitet die Besetzung zahlreicher Botschafterposten vor. Die frühere demokratische Senatorin Claire McCaskill soll es nach Europa ziehen. Sollte sie in Bern landen, dürften die Schweizer Grossbanken daran keine Freude haben - im Senat fiel sie als scharfe Kritikerin von UBS & Co. auf.
Am 16. Juni reist US-Präsident Joe Biden nach Genf, um sich mit dem russischen Staatsoberhaupt Wladimir Putin zu treffen. Das Genfer Gipfeltreffen ist ein Erfolg für die Schweizer Aussenpolitik. Die gegenseitigen diplomatischen Kontakte zwischen der Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten scheinen hervorragend zu funktionieren.
Dabei ist die US-Botschafterstelle in Bern seit Januar verwaist. Mit dem Ende von Donald Trumps Amtszeit verliess dessen Vertrauter Edward Mullen seinen Posten, wie es in der US-Diplomatie den Gepflogenheiten entspricht. Seither führt eine hochrangige Botschaftsmitarbeiterin die Geschäfte.
Doch das soll sich bald ändern. Wie mehrere US-Medien übereinstimmend berichten, bereitet die Administration von Joe Biden derzeit die Ernennung von zahlreichen Botschafterinnen und Botschaftern rund um die Welt vor.
Im Gegensatz zu Trump will Biden dabei stärker auf Karrierediplomaten aus den Reihen des US-Aussenministeriums setzen. Diese stellen traditionellerweise rund 70 Prozent der Botschafter. Bei den verbleibenden 30 Prozent handelt es sich um sogenannte politische Ernennungen: Der jeweilige Präsident vergibt Posten an Freunde, politische Vertraute oder grosszügige Wahlkampfspender. Solche Ernennungen erfolgen im Normalfall in Ländern in stabilen Weltregionen, mit denen die USA traditionell gute Beziehungen pflegen und wo keine gravierenden bilateralen Krisen zu erwarten sind. Dazu gehören die westeuropäischen Staaten, auch die Schweiz.
Für die europäischen Hauptstädte kursieren die ersten Namen von potenziellen Emissären, die auf Bidens Shortlist stehen sollen. Dazu gehört gemäss dem US-Nachrichtenportal Axios auch die ehemalige demokratische Senatorin von Missouri, Claire McCaskill (67).
Sollte McCaskill ausgerechnet Botschafterin in Bern werden, wäre diese Ernennung nicht ohne Brisanz. Denn während ihrer Zeit im Senat fiel die ehemalige Staatsanwältin als scharfe Kritikerin der Schweizer Banken und ihres Geschäftsgebarens in den USA auf. Sie brachte einen (letztlich gescheiterten) Gesetzesentwurf gegen Steueroasen ein. Ein Thema, das auch Präsident Biden jüngst bei einer Rede wieder aufs Tapet brachte, als er die Schweiz in einer Reihe mit den Cayman Islands und Bermuda als Steueroase bezeichnete.
McCaskills Eifer kam unter anderem bei der Anhörung des Senats im März 2009 zum Ausdruck – auf dem Höhepunkt des Steuerstreits zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten wegen Offshore-Geldern von US-Bürgern auf UBS-Konten. McCaskill empörte sich über die Weigerung der Schweiz, Angestellte der Grossbank an die USA auszuliefern: «Sie können einfach in die Schweiz reisen und kommen ungestraft davon?», sagte sie laut Protokoll. Dem vom Senat vorgeladenen Mark Branson, dem damaligen Finanzchef der UBS-Vermögensverwaltung und späteren Direktor der Finanzmarktaufsicht Finma, warf sie vor, gemeinsam mit seiner Bank US-Bürgern geholfen zu haben «das Gesetz zu brechen».
Weder McCaskill noch das Weisse Haus haben sich bisher offiziell geäussert. Ob die Senatorin am Ende Botschafterin wird und ob dies in Bern sein wird, ist offen. Das Schweizer Aussendepartement EDA teilt mit, die Ernennung eines neuen Botschafters oder einer neuen Botschafterin obliege alleine der US-Regierung. Man freue sich «in jedem Fall» auf die Zusammenarbeit.