Brisante Vorschläge von zwei Experten zur Bundesstrafjustiz. Erwin Beyeler, ehemaliger Bundesanwalt, rät dazu, das Bundesstrafgericht in Bellinzona abzuschaffen und dessen Aufgaben den vier Kantonen Bern, Tessin, Waadt und Zürich zuzuweisen.
“Die Beurteilung der Fälle könnte gut durch kantonale Gerichte in den grossen Kantonen übernommen werden, für die umfangreiche Verfahren ebenfalls nichts Ungewöhnliches sind. Die Folge wären schnellere Urteile, mehr Qualität, mehr Professionalität. Die Richter an den kantonalen Obergerichten haben mehr Erfahrung“, sagt Erwin Beyeler, ehemaliger Bundesanwalt, zur „Schweiz am Sonntag“.
Ein Vorteil wäre laut Beyeler auch, dass der Bundesstrafprozess so „eine Instanz mehr hätte, die Appellationskammer an den Obergerichten. Auch das würde für mehr Qualität sorgen.“ Der Bund müsste die Kantone entschädigen, aber unter dem Strich spare er Geld.
Noch einen Schritt weiter gehen will Daniel Walder, einer der Verteidiger des Financiers Dieter Behring. „Nicht nur das Bundesstrafgericht, auch die Bundesanwaltschaft sollte abgeschafft werden. Das wäre der logische zusätzliche Schritt. Die Aufgaben der heutigen BA können neu zu schaffende Sonderstaatsanwaltschaften für Bundesdelikte in Bern, Lausanne, Lugano und Zürich übernehmen.“
Die Bundesanwaltschaft habe heute ein Art Monopol, was ihre teils ungenügenden Leistungen erkläre. „Sie ist zudem der einzige Lieferant“ von Fällen für das Bundesstrafgericht, war beide träge macht und eine Verbrüderungs-Tendenz ergibt“, so der Zürcher Rechtsanwalt. Er ist überzeugt: Die Kantone würden Laubers Job besser machen.
Daniel Kipfer Fasciati, Präsident des Bundesstrafgerichts, stellte sich gegenüber der Zeitung gegen die Abschaffungspläne. Seiner Ansicht nach hat sich das Gericht mittlerweile etabliert. Verbesserungen aber seien immer möglich, so sei er froh, dass der Bundesrat jetzt die Schaffung einer Berufungskammer prüfe.
Kipfer wies auch Vorwürfe zurück, wonach zwischen Bundesanwaltschaft und Bundesstrafgericht eine zu grosse Nähe bestehe und bisweilen unzulässige Absprachen vorkämen. Die Bundesanwaltschaft hielt fest, sie halte sich an die geltenden Gesetzesvorgaben.