Gemeindefusion
«Es galt nie das Recht des Stärkeren»

Der Kanton verfügt über keine Liste, welche Fusionsgemeinden während der Umsetzungsarbeiten zurate ziehen können. Dieter Deiss, Projektbegleiter von Laufenburg und Sulz, weiss, dass viele Arbeiten von Aufwand und Kosten her unterschätzt werden.

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Fusion Laufenburg und Sulz

Fusion Laufenburg und Sulz

Aargauer Zeitung

Susanne Hörth

Wie aufwändig ein Gemeindezusammenschluss ist, wissen insbesondere jene Personen, die zurzeit im Bezirk Laufenburg mit den Umsetzungsarbeiten für die ab 2010 bestehenden Fusionsgemeinden beschäftigt sind. Dieter Deiss, er begleitet den Zusammenschluss von Laufenburg und Sulz, steigt auf das Thema Aufwand und Kosten gleich mit einem Vergleich ein. «Wenn Zofingen und Mühlethal sich zu einer Gemeinde zusammenschliessen, so ist das Prozedere relativ einfach: Für Mühlethal gelten ab dem Datum des Zusammenschlusses in allen Teilen die Bedingungen von Zofingen. Für Zofingen selber gibt es keinerlei Anpassungsarbeiten. Man müsste denn korrekterweise statt von einem Zusammenschluss wohl eher von einer Übernahme sprechen.»

Bezogen auf den Zusammenschluss von Laufenburg und Sulz sei die Ausgangslage aber völlig anders gewesen. «Während der Vorverhandlungen bis hin zum Zusammenschlussvertrag war es immer selbstverständlich, dass die beiden Gemeinden in sämtlichen Belangen gleichberechtigte Partner sind. Damit sei von Beginn an klar gewesen, dass alle anstehenden Probleme auf der Grundlage dieser Basis gemeinsam zu lösen waren. Dies mache natürlich eine solche Aufgabe im Vergleich zu Zofingen und Mühlethal ungleich schwieriger. «Trotz dem dadurch entstehenden grossen Aufwand haben sich die Gemeinderäte von Laufenburg und Sulz immer sehr strikte an diese gleichberechtigte Partnerschaft gehalten. Es galt nie das Recht des Stärkeren», erklärt Dieter Deiss.

Bei der Planung eines Gemeindezusammenschlusses wird versucht, alles zu berücksichtigen. Kann aber alles bis in letzte Detail geplant werden? Dazu führt Deiss aus, dass sich das Projekt L+S über vier Phasen abgewickelt habe: Projektvorbereitung, Erarbeitung der Grundlagen, Entscheidfindung und Umsetzung. «Die ersten drei Phasen waren in finanzieller Hinsicht relativ einfach planbar. Hier wurden denn auch die Vorgaben eingehalten. Demgegenüber kostet die Umsetzung des Projekts erheblich mehr, als man eigentlich gerechnet hat.» Die kurze Frist von knapp zwölf Monaten für die Umsetzung erachtet Deiss als positiv. Dadurch sei allen Beteiligten bewusst gewesen, dass keine Zeit fürs Herumtrödeln besteht. Es mussten Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Beim Umsetzungsprozess von L+S habe man einen grossen Teil der zu erledigenden Arbeiten unterschätzt. «Persönlich war ich zudem ursprünglich der Meinung, dass ein beachtlicher Teil der Umsetzungsarbeiten durch die Verwaltung geleistet werden kann. Es zeigte sich jedoch schon bald, dass diese nebst dem Tagesgeschäft mit solchen Zusatzaufgaben völlig überfordert gewesen wäre. Kommt erschwerend hinzu, dass sich die Projektverantwortlichen zum Ziel gesetzt hatten, den Zusammenschluss zu nutzen, um die Arbeit der Behörden und der Verwaltung von Grund auf neu zu regeln», macht Deiss deutlich, wie viel Arbeiten im Zuge der Umsetzung entstehen. So sei beispielsweise ein Geschäfts- und Kompetenzreglement geschaffen worden, welches die Arbeit des Gemeinderates und der Verwaltung effizienter werden lässt. «Natürlich hätte man sich dies ersparen und auf später verschieben können. Dies hätte aber dazu geführt, dass Gemeinderat und Verwaltung im seit Jahren vorgespurten Rahmen ihre Arbeit aufgenommen hätten, es wäre wohl auf Jahre hinaus alles beim Alten geblieben.»

Unterschätzt wurde insbesondere auch der Aufwand für die Schaffung eines neuen Personalreglements. Die vorhandenen Grundlagen seien nicht mehr brauchbar gewesen. Diese Neuerarbeitung habe einen grossen Zusatzaufwand erfordert. Sehr zeitintensiv sei auch die Zusammenführung der Bauämter von Laufenburg und Sulz gewesen. «Grundsätzlich ist also immer dort, wo Menschen von Veränderungen betroffen sind, mit einem überdurchschnittlichen Aufwand zu rechnen. Dies haben wir im Vorfeld klar unterschätzt», so die Erkenntnis von Dieter Deiss. Er führt weiter aus, dass es verschiedene Bereiche gibt, wo zum Teil happige Mehrkosten entstehen, die im ursprünglichen Umsetzungsprojekt so nicht enthalten waren. Allerdings sei dazu festzuhalten, dass man die Gelegenheit nutzte, um in den kommenden Jahren anstehende Investitionen gleich vorzuziehen. Letztlich werden diese Investitionen über den Entschuldungsbeitrag durch den Kanton finanziert. Deiss nennt ein Beispiel, welches erhebliche Kosten im EDV-Bereich verursacht. «Im Vorfeld des Projekts hat niemand daran gedacht, dass es in beiden Gemeinden zum Teil gleiche Versicherungsnummern der Gebäude oder gleiche Parzellennummern gibt. Die Nummerierung für die zusammengeschlossene Gemeinde musste neu geregelt werden.»

Mehrkosten verursacht ebenfalls die Zusammenführung der beiden Gemeindearchive. Hier sei man nicht einfach den billigsten Weg gegangen, indem man das Sulzer Archiv auf einen Lastwagen lud und nach Laufenburg transportierte. Vielmehr wurde vor der Überführung das Sulzer Archiv von Fachleuten bereinigt, indem man einerseits viele entbehrliche Dokumente der Vernichtung zuführte. Historisch und für den Gemeindebetrieb Wichtiges wurde demgegenüber neu klassiert und erst jetzt nach Laufenburg überführt. «Mit diesen recht hohen Kosten wurde ursprünglich nirgends gerechnet, zweifellos schaffen diese aber auf die Dauer einen Mehrwert», ist sich Dieter Deiss sicher und betont, dass es daneben noch unzählige kleinere Dinge gebe, die sich erst im Laufe der Umsetzungsarbeiten bemerkbar machten, die aber alle einer Lösung harrten und die in der Regel auch Zusatzkosten verursachten.

Es mache wenig Sinn, dass die Behörden und Verwaltungen alle Arbeiten aus Kostengründen selber erledigten, ist Deiss überzeugt. «Sie sind allein schon aus zeitlichen Gründen schlichtweg nicht imstand, die Umsetzungsarbeiten ohne Hilfe Dritter zu bewältigen. Externe Büros können wertvolle Hilfe leisten, allerdings sind diese oftmals zu weit weg von der Realität. Ideal wäre eigentlich, wenn für eine solche Aufgabe die Gemeinden für die Dauer der Umsetzungsphase eine mit den Gemeindeproblemen verwurzelte Person mit einem Teilpensum anstellen könnten.»

Wird eine Gemeindefusion trotz allen Planungen in Sachen Arbeit unterschätzt? Darauf Dieter Deiss: «Die Umsetzungsphase haben wir in Sachen Arbeitsaufwand ganz klar unterschätzt. Die Hauptsache ist aber, dass die Umsetzung und damit der Zusammenschluss fristgerecht erfolgen kann. Am 1. Januar 2010 wird die neue Gemeinde Laufenburg betriebsbereit sein.»