Mobilfunkstrahlung
«Ernste Gefahr für uns alle»: Schweizer Esoterik-Jungstar kämpft gegen 5G

Die St. Gallerin Christina von Dreien füllt mit ihren Weltverbesserungs-Events ganze Hallen. Nun plant sie eine «herzbasierte» Schule.

Katharina Brenner
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Christina von Dreien mit ihrer Mutter Bernadette Meier.

Christina von Dreien mit ihrer Mutter Bernadette Meier.

Beat Lanzendorfer

Individueller und kollektiver Friede – das hat der Verein für herzbasiertes Lernen zum Ziel. Er ist Träger von Christina von Dreiens Projekten im Bildungsbereich. Seit kurzem ist die Toggenburgerin volljährig – und Präsidentin des Vereins sowie Geschäftsführerin der Christina von Dreien GmbH. Von Dreien, die mit bürgerlichem Namen Meier heisst, bezeichnet sich als Teil einer Gruppe von Kindern aus höheren Sphären und prophezeit eine gerechtere Welt. Damit füllt sie ganze Säle, für fast 200 Franken pro Eintritt.

Der Verein für herzbasiertes Lernen setzt sich für eine Gesetzesänderung ein, die «unentgeltliche freie Bildungswahl ermöglicht». Suizidgefahr, Burnout und Kinder auf Ritalin listet er als «Facts» im Bildungssystem auf. Gemäss Homepage bezweckt der Verein die Gründung und das Betreiben «einer oder mehrerer Schulen nach den Grundsätzen des Neuen Lernens». Die «Schule Herzbasis» sei «komplett altersdurchmischt», es gebe weder Lernziele noch erzwungene Tests.

Georg O. Schmid, Leiter der Evangelischen Informationsstelle Kirchen-Sekten-Religionen Relinfo, verortet die pädagogischen Ideen in der Nähe des Konzepts der Lais-Schulen. Demnach ist alles Wissen bereits im Kind vorhanden. Es muss nur noch freigelegt werden. Die Lais-Pädagogik wird von der Anastasia-Bewegung inspiriert. Die Fachstelle Infosekta stuft diese als «problematisch und sektenhaft» ein. In den Anastasia-Büchern finden sich rassistische und antisemitische Ideen.

Im Moment «keine Priorität»

Wie weit die Pläne für die «Schule Herzbasis» gediehen sind, ist unklar. Auf Anfragen unserer Zeitung hat von Dreien nicht reagiert. Ihre Mutter Bernadette Meier, die mit zwei Büchern über ihre Tochter für deren Erfolg massgeblich verantwortlich ist, lässt wissen, dass Christina «den unzähligen Interviewanfragen» im Moment «keine Priorität» einräume.

Gründungsmitglieder des Vereins für herzbasiertes Lernen sind Emmanuel Steiger und Nicola Good. Steiger wirkt seit den Neunzigerjahren auf dem Schweizer Esoterik-Markt mit und im Zentrum der Einheit Schweibenalb am Brienzersee seit einigen Jahren als Leiter. Nicola Good ist als Therapeutin und Coach tätig und Sprecherin der Hörbuchfassungen der beiden «Christina»-Bände.

Zum Stand des Schulprojekts will sich Good nicht äussern. Nur so viel: Christina von Dreien werde zum entsprechenden Zeitpunkt auf die Medien zugehen. Bildung sei ihr ein grosses Anliegen, aktuell hätten sich aber «andere Projekte in den Vordergrund gedrängt».

«Bäume sterben durch 5G ab»

Eines dieser Projekte dürfte der Kampf gegen 5G sein. Am 19. Mai organisiert von Dreien «mitten in Bern» einen Flashmob. In ihrem Newsletter nennt von Dreien 5G «eine sehr ernste Gefahr für uns alle». Es sorge für Krankheiten und Probleme wie Krebs, Schlafstörungen und Schwindelanfälle.

5G zerstöre das Immunsystem der Bäume, «sodass diese alle absterben». Das gilt als nicht belegt. Die Weltgesundheitsbehörde WHO bewertet hochfrequente Mobilfunkstrahlung als «möglicherweise krebserregend». Das bedeutet, dass sich eine krebserregende Wirkung derzeit zwar nicht ausschliessen lässt, es aber auch keine Beweise gibt.

Weiter schreibt von Dreien, 5G habe die Fähigkeit, «Gedanken, Emotionen, Handlungen und Körperfunktionen von Menschen und Tieren zu manipulieren, sodass sich die Menschen so verhalten wie von den Fädenziehern auf diesen Planeten gewünscht». Damit impliziert sie eine Verschwörung. Wer diese Fädenzieher sein sollen, sagt sie nicht.