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Schweiz
Ein guter Christ könne nicht SVP wählen, sagt die künftige oberste Katholikin im Kanton Zürich. Nun schaltet sich der Bischof von Chur ein.
Alles fing an mit einem Interview von Franziska Driessen in dieser Zeitung. Die künftige Präsidentin des Synodalrats, der Exekutive der Zürcher Katholikinnen und Katholiken, sprach dabei über mehrere Themen: wie schwierig es ist, sich in der männerdominierten Kirche durchzusetzen; ob es jemals katholische Pfarrerinnen geben wird; über den Islam. Doch Driessen äusserte sich auch zur Politik, insbesondere zur SVP. Sie sagte:
«Der Churer Weihbischof Peter Henrici sagte 2004, ein guter Christ könne nicht SVP wählen. Ich glaube, ich könnte ihm recht geben. Es bereitet mir Mühe, wie man sich als Teil einer Kirche sehen kann, wenn man deren wichtigsten Grundwert nicht achtet: für den Nächsten da zu sein.»
Ihre Begründung: Von Gläubigen dürfe man Toleranz für das Engagement der Kirche in der Flüchtlingsbetreuung erwarten.
Ihre Aussagen blieben nicht ungehört. Vor allem in SVP-Kreisen.
Der Schwiegersohn von Christoph Blocher und Ehemann von Magdalena Martullo-Blocher ist sauer. Er sagt gegenüber der Luzerner Zeitung:
«Eine öffentliche Entschuldigung der Zürcher Synodalpräsidentin ist das Mindeste. Am besten wäre es, wenn sie zurücktreten würde.»
Driessen vergesse, woher die meisten Steuergelder ihrer Kantonalkirche kommen würden – nämlich von SVP-Leuten.
Martullo selber gehört nicht mehr zu diesen Geldgebern. Er ist aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten, wie im Januar bekannt wurde. «Ich bin unter anderem aus der Kantonalkirche ausgetreten, weil ihre Führung immer gegen den Bischof von Chur schiesst, um so eine Spaltung des Bistums zu provozieren.»
Der Nationalrat und Präsident der SVP Aargau reagiert mit einem emotionalen Facebook-Post auf das Interview.
Viele Facebook-User teilen den Ärger von Burgherr. Sein Post wird fleissig kommentiert: «Darum schnell aus der Kirche austreten», «So macht man sich allerdings schnell ausserordentlich unbeliebt», «Das ist voll daneben!».
Andere stimmen Franziska Driessen zu. Wie dieser User: «Wer Christ ist, sollte den Nächsten lieben wie sich selbst. Auch Flüchtlinge und Armutsbetroffene.»
Die Aargauer SVP-Nationalrätin überlegt sich nach den Aussagen von Driessen, ob sie nun zur reformierten Kirche wechseln soll, wie sie zur «Aargauer Zeitung» sagt:
«Es hat mich masslos enttäuscht, dass eine Vertreterin der römisch-katholischen Kirche die SVP als nicht wählbare Partei darstellt.»
Sie fordere eine Entschuldigung des Bistums Basel, so Flückiger weiter.
Es ist nicht das Bistum Basel, sondern das Bistum Chur, das in die Debatte eingreift und die SVPler in Schutz nimmt. In einem Communiqué heisst es:
«Der Bischof von Chur bedauert, dass von Frau Driessen in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wurde, die katholische Kirche betrachte eine der Bundesratsparteien als unwählbar für einen Katholiken.»
Die römisch-katholische Kirche würde keine Gläubigen politisch bevormunden. Wählbar seien alle Parteien, die im Rahmen der rechtsstaatlichen Vorgaben handeln würden.
Trotz der Kritik von SVP-Politikern und des Bischofs – Franziska Driessen steht weiter zu ihrer Ansicht, wie sie gegenüber der «Aargauer Zeitung» betont:
«Es geht mir darum, eine Debatte zu führen.»
Sie wolle das Gastrecht verteidigen, das eines der wichtigsten christlichen Werte darstelle. (fvo)