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Schweiz
Drei Patienten finden in diesem Jahr nach einem Eingriff von Chefchirurg Vincent Bettschart den Tod. Trotz der drei Todesfällen im Jahr 2013 spricht eine medizinische Fachkommission einem Walliser Chefchirurgen das Vertrauen aus.
Am Spital Wallis sind die Leber und die Bauchspeicheldrüse Chefsache. Muss eines dieser Organe operiert werden, greift nur der Chefchirurg Vincent Bettschart zum Skalpell.
Dieses Jahr endete der Eingriff dreimal mit dem Tod der Patienten, in einem Fall reichte die Familie der Betroffenen Strafklage gegen Bettschart ein.
Der Vorwurf: Der Chirurg sei ein viel zu grosses Risiko eingegangen, da er die Patientin nicht nur an der Bauchspeicheldrüse, sondern gleichzeitig auch am Dickdarm operierte.
Apéro in der Operationspause
Das Resultat der Strafuntersuchung steht noch aus. Bekannt ist seit gestern hingegen, zu welchem Schluss eine medizinische Kommission aus internen und externen Ärzten gekommen ist.
Ihrer Auffassung nach erfüllt Bettschart sämtliche beruflichen Anforderungen für die Ausübung von spezialisierten chirurgischen Tätigkeiten, hat in den drei untersuchten Fällen weder gegen die Regeln der Kunst verstossen, noch fachliche Fehler begangen, noch ist er ein unüberlegtes Risiko eingegangen.
Die Kommission hält auch fest, dass Bettschart nicht eigenmächtig handelte, sondern sämtliche Entscheide im Rahmen eines multidisziplinären Kolloquiums unter Einbezug weiterer ärztlicher Personen getroffen habe.
Bettschart, der seine Tätigkeit in Sitten 2010 antrat, steht nicht zum ersten Mal in der Kritik. Bereits einmal wurde sein Verhalten untersucht, nachdem ihm ein anderer Chirurg in rund 40 Fällen risikoreiches Verhalten vorgeworfen hatte.
Die Expertisen, auf die sich nun auch die medizinische Kommission erneut stützte, entlasteten den Chirurgen aber vom Vorwurf des Kunstfehlers.
Diese Fälle stammen noch aus der Zeit von 2008 und 2009, als Bettschart in Sierre tätig war.
In Sitten sorgte der Chefchirurg für Aufsehen, weil er während einer Operationspause an einem Apéro teilnahm – und weil während einer Operation auf einem der Monitore ein Spiel der Fussball-WM lief.
Reinhard Zenhäusern, Direktor des Spitalzentrums Wallis und Mitglied der medizinischen Kommission, spricht rückblickend von einem «Medienhit im Sommerloch». Der betroffene Patient war weniger erfreut: Er klagte in den Medien über eine entzündete Narbe.
Spital sichert sich ab
Klar ist: Für das Wallis steht mehr auf dem Spiel als ein Chefchirurg. Sitten hat vor ein paar Wochen vom zuständigen interkantonalen Gremium einen zweijährigen, provisorischen Leistungsauftrag für Eingriffe an der Leber, der Speiseröhre und der Bauchspeicheldrüse erhalten.
Pierre-François Cuénod, Direktor des Spitalzentrums des französischsprachigen Wallis, liess gestern keinen Zweifel daran, dass der Kanton seinen Standort für die Hochspezialisierte Medizin (HSM) verteidigen will.
In der Westschweiz seien neben dem Spital Wallis allein die Universitätsspitäler Lausanne und Genf für Eingriffe an den drei Organen anerkannt.
Ganz folgenlos bleibt die jetzige Untersuchung indes nicht.
Zum einen soll Bettschart ein zweiter spezialisierter Chirurg für den Bereich Viszeralchirurgie zur Seite gestellt werden, zum anderen soll die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bereichen der hochspezialisierten Medizin verbessert und Bettschart zudem in anderen Bereichen – etwa dem Operationssaal-Management – entlastet werden.
Durch die Erweiterung der Patientenzustimmung um einen Passus zu einer Zweitmeinung sichert sich das Spital zudem selber besser ab.