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Schweiz
Die Schweiz hat sich am Wochenende grösstenteils an die bundesrätlichen Weisungen gehalten. Dennoch musste die Polizei auch Ordnungsbussen aussprechen. Daten zeigen, wie das Leben allmählich zum Stillstand kommt.
«Bleiben Sie zu Hause!»: Das sagt der Bundesrat schon seit einiger Zeit. Und immer eindringlicher. Am Freitag hat er die Regeln erneut verschärft. Auf eine Ausgangssperre hat er zwar verzichtet. Doch seither sind im öffentlichen Raum nur noch Versammlungen von bis zu fünf Personen erlaubt; sie müssen zudem einen Abstand von zwei Metern einhalten. Doch wie hält sich die Bevölkerung daran?
In Zürich, wo seit Freitag etwa das Seeufer gesperrt ist, verlieren sich am Wochenende nur noch wenige Menschen draussen. Meist sind es Paare oder Familien mit kleinen Kindern. Der Sechseläutenplatz ist am Sonntagmittag fast verwaist; nur hin und wieder schlendern einzelne Spaziergänger vorbei. Auch sonst ruht die Stadt, es sind vor allem Autos, die noch durch ihre Strassen rollen. Wer sich auf einem Trottoir begegnet, hält Abstand, nimmt Rücksicht. Bleibt auch mal stehen, wenn es nicht anders geht. Die Stadtpolizei Zürich zieht ein positives Fazit. Man sei zufrieden mit der Reaktion der Bevölkerung, sagt ein Sprecher.
Ab und zu rückt die Polizei in der grössten Schweizer Stadt dennoch aus. Meist handelt es sich um Gruppen junger Menschen, die von Schulhausplätzen oder Sportanlagen weggeschickt werden müssen. Ungefähr 15 Ordnungsbussen à 100 Franken gemäss der neuen Covid-Verordnung hat die Zürcher Stadtpolizei verhängt, weil Personen den Mindestabstand nicht einhielten oder in zu grossen Gruppen unterwegs waren. Auch aus anderen Städten sind die Signale insgesamt positiv. So meldete die Berner Polizei, dass in der Hauptstadt weniger Personen im öffentlichen Raum unterwegs gewesen seien. Die weitere Entwicklung gelte es nun – auch bei besserem Wetter – zu beobachten. Denn der Kälteeinbruch am Wochenende hat es den Menschen natürlich einfacher gemacht, zu Hause zu bleiben.
Aus Basel heisst es, die Leute hielten sich bisher «sehr gut» an die neusten bundesrätlichen Vorgaben. Die Luzerner Polizei berichtet von «grösstenteils sehr disziplinierten» Bürgern. Vereinzelt habe die Polizei aber eingreifen und Ordnungsbussen oder Wegweisungen gegen meist jüngere Personen aussprechen müssen.
Auf dem Land zeigte sich die Bevölkerung ebenfalls diszipliniert, wie ein Augenschein im Wald am Fusse der Lägern bei Baden zeigt. Man sieht zwar Jogger und spazierende Familien. Die Schweiz bewegt sich noch immer. Aber sie hält dabei Abstand. Eine Gruppe von fünf Mountain-Bikern steht auf dem Plato und unterhält sich. «Zu fünft geht ja», sagen sie auf die Weisungen des Bundes angesprochen. Ausserdem hielten sie immer zwei Radlängen Abstand, meint einer und schmunzelt. Dann stürzen sie sich den Hang hinunter.
Auch andere, handfestere Daten illustrieren, wie sehr die Corona-Krise das Land verändert hat. So zeigt eine Analyse der Personenzahlen, die sich in grossen Bahnhöfen aufhalten, Rückgänge von 20 bis über 70 Prozent. Verglichen wurde die Anzahl der Personen, die sich am Donnerstag zwischen 13 und 14 Uhr, am Freitag zwischen 8 und 9 Uhr und am Sonntag zwischen 10 und 11 Uhr in ausgewählten Bahnhöfen aufhielten. Dabei handelt es sich nicht um exakte Daten: Google misst anhand von Handy-Daten, wie gut besucht ein Ort im Vergleich zu durchschnittlichen Tagen ist. Es handelt sich also nicht um eine Zählung, die alle Pendler einschliesst, sondern um eine Art Hochrechnung.
Auffällig ist: Der Rückgang ist insbesondere in Luzern dramatisch. Hier dürften auch die ausbleibenden Touristen ins Gewicht fallen. Weniger gross sind hingegen die Rückgänge an typischen «Pendler-Bahnhöfen» wie Zürich-Stadelhofen oder Baden. Auch hier ist die Nachfrage aber um etwa die Hälfte eingebrochen. Offizielle Zahlen gibt es nicht: Die SBB haben die manuelle Frequenzerhebung zurzeit eingestellt.
Während die Menschen also den öffentlichen Verkehr meiden, scheinen sie sich auch die Aufforderung zu Herzen genommen zu haben, von Zuhause aus zu arbeiten. Denn die fehlenden ÖV-Pendler schwenken nicht einfach aufs Auto um – im Gegenteil. Wird die Anzahl der Fahrzeuge, die täglich in der Stadt Zürich an bestimmten Strassenabschnitten gemessen wird, analysiert, zeigt sich ein deutlicher Rückgang des Autoverkehrs. Wie üblich zeigt sich auch in dieser Woche am Freitag ein leichter Anstieg. In dieser Grafik sind nur Werktage aufgeführt.
Diese Daten sind nicht korrigiert. Zählstellen, die einen technischen Defekt hatten, sind nicht herausgerechnet. Sie erlauben aber eine Einschätzung: Die Verhaltensempfehlungen in Bezug auf das Home-Office wirken. Ein Effekt des Corona-Virus ist auch, dass viel weniger geflogen wird. Die Aus- und Einreise in vielen Länder ist stark beschränkt, der touristische Verkehr ist praktisch zum Erliegen gekommen (siehe Grafik unten). Das zeigt sich auch in den Starts und Landungen, die am grössten Schweizer Flughafen in Zürich registriert werden. Sie sind auf einem Tiefststand. Das zeigt die offizielle Bewegungsstatistik des Flughafens.