Beat Richner alias Beatocello, Kinderspital-Gründer in Kambodscha, ist seit vergangenem Jahr ernsthaft erkrankt. Sein Nachfolger Denis Laurent erzählt, wie er das Lebenswerk des Kinderarztes weiterführt.
Die Zahlen sind eindrücklich: In den Kinderspitälern Kantha Bopha der Stiftung Dr. Beat Richner im Kambodscha wurden allein von Januar bis Mai 369491 Kinder ambulant und 60770 stationär behandelt. Und in der Geburtsklinik Siem Reap Angkor kamen 10055 Kinder auf die Welt. Die Leistung ist umso höher einzuschätzen, als Gründer Beat Richner die Führung der fünf Spitäler mit 2300 Betten und 2400 Mitarbeitenden aufgrund seiner schweren neurodegenerativen Erkrankung 2017 abgeben musste. Sein Nachfolger, Denis Laurent, sagt: «Ich bin nicht hier, um ihn zu ersetzen, aber ich arbeite in seinem Geist weiter.»
In einem Interview, das Laurent dem «Beobachter» gewährt hat, wird deutlich, was die Aussage bedeutet. Richner-Nachfolger Laurent ist selber seit 24 Jahren in Kambodscha tätig und hat lange mit dem Gründer von Kantha Bopha zusammengearbeitet.
Aufschlussreich und neu ist, was Laurent über seine Zeit mit Richner erzählt. «Seine Krankheit kam extrem schnell. Auf diese konkrete Situation waren wir nicht vorbereitet. Es hat keine schrittweise Ablösung gegeben, sondern einen klaren Schnitt», erzählt der 54-Jährige. Früher habe Richner sämtliche Entscheide getroffen und das letzte Wort gehabt, heute träfen diese die kambodschanischen Ärzte – je nachdem in Absprache mit ihm oder der Stiftung.
Ein Dauerthema ist die Geldbeschaffung geblieben: «Beat Richner musste jeden Tag 120000 Franken beschaffen», erzählt Laurent. Und davon, dass der Kantha-Bopha-Gründer immer gesagt habe, dass er nicht ewig werde Cello spielen können. «Nun ist dieser Tag schneller gekommen, als er ahnen konnte», sagt Laurent, um gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass die Unterstützung von staatlicher ebenso wie von privater kambodschanischer Seite in jüngerer Vergangenheit grösser geworden ist.
In der Tat fliessen aus jeder Ticketeinnahme für die Tempelanlage Angkor Wat 2 Dollar zu den Kinderspitälern – das macht rund 5 bis 6 Millionen pro Jahr aus. Eine weitere Million kommt vom Staat und von Privaten. Was unter dem Strich bedeutet, dass die restlichen 25 Millionen von Spendern in der Schweiz kommen. Trotz permanenter Geldsuche: «Ich schätze, dass unsere Existenz für die nächsten zwei Jahrzehnte einigermassen sicher ist», führt Laurent aus.»
So soll es auch in Zukunft möglich sein, dass die Behandlungen gratis angeboten werden können. «Wir haben den Ruf, uns um alle Kinder gleich gut zu kümmern, egal, ob die Eltern Geld haben oder nicht, ob sie aus der Stadt kommen oder vom Land», erzählt Laurent. Die Eltern nähmen deshalb lange Wege unter die Füsse. Was nicht zuletzt zur Folge hat, dass die Betten «notorisch überbelegt» sind, wie Laurent sagt. Kommt hinzu, dass die Kantha-Bopha-Spitäler die modernsten im Land sind. Auch der Premierminister brachte seinen Enkel zur Behandlung in ein Kantha-Bopha-Spital.
Übrigens: Die Einheimischen nannten Beat Richner «Dr. God». Heute reden sie vom «Spital der Engel». So, wie es sich Beatocello gewünscht hatte: «Unsere Spitäler sollen wie Pagoden sein – der Ort, an denen man den Menschen hilft.» Das werde so bleiben, versichert Denis Laurent, und das wüssten die Leute. Und dies, obwohl Beat Richner Kambodscha aufgrund seines Gesundheitszustands kaum noch einmal sehen wird. Er ist im Rollstuhl und erinnert sich kaum mehr. Aber: «Er hört immer noch gerne klassische Musik», sagte seine Schwester jüngst der «Schweizer Illustrierten».