Bundesrat
Doris Leuthard kündigt Rücktritt an: "Habe einiges gemacht für das Land"

Das amtsälteste Mitglied im Bundesrat macht bald Schluss: Doris Leuthard hat am Montag ihren Rücktritt angekündigt - noch ohne ein konkretes Datum zu nennen. In Erinnerung bleiben wird die CVP-Frau als Ministerin der eingeleiteten Energiewende.

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Doris Leuthard spricht vom Ende ihrer Bundesratstätigkeit
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Doris Leuthard anlässlich der Bundesratsreise am 6.Juli 2017 in Lenzburg.
Klimapolitik: Nach Besuchen in Asien, Südamerika und Afrika plant die Umweltministerin und derzeitige Bundespräsidentin Doris Leuthard im August eine Reise nach Grönland. (Archivbild)
Doris Leuthard anlässlich der Bundesratsreise am 6. Juli 2017 in Lenzburg.
Bundespräsidentin Doris Leuthard wurde bei ihrer Ansprache begleitet von 180 Kindern mit Ballonen, die sie anschliessend als Zeichen der Festeröffnung in den Himmel steigen liessen. Eddy Schambron
Leuthard mit dem chinesischen Tourismusminister Li Jinzao auf der chinesischen Mauer, 13. Mai 2017.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron empfängt Leuthard im Elysée.
Leuthard besucht im Mai 2017 den Papst - mit dabei ist auch ihre Mutter.
Energieministerin Leuthard fährt ein Elektroauto - einen Tesla.
Die Schweiz und die EU nähern sich wieder an. Leuthard und Jean-Claude Juncker.
Leuthard empfängt den albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama in Bern.
Doris Leuthard, Eveline Widmer-Schlumpf, Ueli Maurer, Didier Burkhalter, Simonetta Sommaruga und Alain Berset im Neat-Tunnel (2014). Doris Leuthard, Eveline Widmer-Schlumpf, Ueli Maurer, Didier Burkhalter, Simonetta Sommaruga und Alain Berset im Neat-Tunnel. Foto: Keystone
Wahlfeier für Bundespräsidentin Doris Leuthard im Aargauer Kunsthaus.
Glänzende und umstrittene Wahl: Doris Leuthard und Eveline Widmer-Schlumpf 2011.
Doris Leuthards Besuch bei Angela Merkel im April 2010.
Doris Leuthard wird 2006 zur Bundesrätin gewählt.

Doris Leuthard spricht vom Ende ihrer Bundesratstätigkeit

KEYSTONE

Leuthard, die amtierende Bundespräsidentin, äusserte sich in zwei TV-Interviews mit dem Deutschschweizer Fernsehen SRF und dem Westschweizer Sender RTS erstmals öffentlich zu ihren Rücktrittsgedanken. Sie befinde sich "am Ende ihrer letzten Legislatur", sagte sie. "Ich glaube, es tut dem Bundesrat gut, immer wieder neue Köpfe zu haben."

Leuthard: "Sicher meine letzte Legislatur"

"Voller Freude und Dankbarkeit"

Die Vorsteherin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hatte sich bisher nie öffentlich in die Karten blicken lassen, wann ihre Bundesratskarriere zu Ende gehen wird. Nun soll spätestens 2019 Schluss sein. Sie befinde sich "am Ende ihrer letzten Legislatur".

Auf die Frage einer Journalistin, ob sie die Übernahme des Aussendepartements vom zurücktretenden Didier Burkhalter anpeile, sagte die Aargauer CVP-Bundesrätin: "Wenn man das Departement wechselt, sollte man immer vier bis sechs Jahre bleiben." Sie habe "das Gefühl, doch einiges gemacht zu haben für das Land". Sie sei voller "Freude und Dankbarkeit, dass ich das Privileg haben durfte, in diesem Bundesrat zu wirken".

Wie ein Rücktritt von Doris Leuthard die Ersatzwahl für Didier Burkhalter beeinflussen könnte, schrieb die "Schweiz am "Wochenende" in ihrer jüngsten Ausgabe. Insider prophezeien, CVP-Männer mit Bundesratsambitionen würden bei der Burkhalter-Nachfolge auf eine Frau setzen, damit die Geschlechterfrage bei der Ersatzwahl für Leuthard keine grosse Rolle mehr spiele.

CVP-Präsident Gerhard Pfister, der im selben Artikel noch sagte, er habe keine Hinweise auf einen Rücktritt Leuthards, will die Ankündigung seiner Bundesrätin auf Anfrage nicht kommentieren.

Rücktritt bereits Ende 2017?

Dass sie das Präsidialjahr als krönenden Abschluss ihrer Zeit in der Landesregierung betrachtet, ist zumindest nicht ausgeschlossen. Zwar ist Leuthard erst 54 Jahre alt, doch ist das laufende Jahr bereits ihr elftes im Bundesrat.

Zudem sind einige Meilensteine erreicht. Der Gotthard-Basistunnel ist eröffnet, die Energiewende ist eingeleitet. Letzteres war so nicht erwartet worden, als Leuthard im Herbst 2010 vom Wirtschafts- ins Umweltdepartement wechselte.

Energiewende als Vorzeigeprojekt

Damals schien es, als hätten die Befürworter der Atomkraft Grund zum Feiern: Die Aargauerin, die der Atomindustrie nahestand, hatte sich stets für den Bau neuer AKW ausgesprochen. Doch es kam anders.

Nach der Atomkatastrophe von Fukushima im Frühjahr 2011 liess Leuthard umgehend die Rahmenbewilligungsverfahren sistieren. Wenige Wochen später verkündete die Energieministerin, der Bundesrat wolle auf neue Atomkraftwerke verzichten.

Der Entscheid war pragmatisch: Nach Fukushima wäre eine Abstimmung über neue AKW wohl schwer zu gewinnen gewesen. Dass das Signal so rasch erfolgte, war aber Leuthards Verdienst. Sie wusste die Chance zu nutzen, welche die Situation auch für sie persönlich bot. Mit Begeisterung schlüpfte sie in die Rolle der anpackenden Magistratin und vermochte so ihre bereits grosse Popularität noch zu steigern.

Selten verloren

Leuthard ist bekannt für ihr gewinnendes Auftreten und ihr kommunikatives Talent, ob im Parlament oder vor der Kamera. Vor 2017 amtete sie bereits 2010 als Bundespräsidentin.

Zu ihren wenigen Niederlagen gehören das Nein zu einer teureren Autobahnvignette, das Ja zur Zweitwohnungsinitiative sowie der ungelöste Fluglärmstreit mit Deutschland.

Schon als Wirtschaftsministerin hatte sie schwierige Phasen durchlebt. Gegen den von ihr propagierten Agrarfreihandel mit der EU regte sich in der eigenen Partei Widerstand. Mit dem Wechsel ins UVEK konnte sie diesem Problem entfliehen und gleichzeitig einen Wunsch der CVP erfüllen.

Steile Karriere

Die Karriere von Doris Leuthard verlief nahezu reibungslos - und in rasantem Tempo. 1997 wurde die damals unbekannte Juristin in den Aargauer Grossen Rat gewählt, bereits zwei Jahre später in den Nationalrat. Nach der Abwahl von Ruth Metzer 2003 übernahm sie die Parteileitung.

Die Aargauerin gilt als charmant, wurde rasch zum Gesicht der Partei und verlieh dieser ein neues Image. Als Joseph Deiss aus dem Bundesrat zurücktrat, war Leuthard von Beginn weg die Kronfavoritin. Die Wahl am 14. Juni 2006 war praktisch Formsache. Innerhalb von nur neun Jahren war Leuthard so von der unbekannten Grossrätin zur Bundesrätin avanciert.

Hier kündigt Doris Leuthard ihren Rücktritt an (ab 2:37):

Alle Bundesräte seit 1848:

Alle Schweizer Bundesräte seit 1848 Karin Keller-Sutter - St. Gallen - seit 2019
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Schneider-Ammann, Johann FDP - Bern - 2010 bis 2018
Sommaruga, Simonetta SP - Bern - 2010 bis 2022
Burkhalter, Didier FDP - Neuenburg - 2009 bis 2017
Maurer, Ueli SVP - Zürich - 2008 bis 2022
Widmer-Schlumpf, Eveline BDP - Graubünden - 2007 bis 2015
Leuthard, Doris CVP - Aargau - 2006 bis 2018
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Calmy-Rey, Micheline SP - Genf - 2002 bis 2011
Schmid, Samuel SVP/BDP - Bern - 2000 bis 2008
Deiss, Joseph CVP - Freiburg - 1999 bis 2006
Metzler, Ruth CVP - Appenzell Innerrhoden - 1999 bis 2003
Couchepin, Pascal FDP - Wallis - 1998 bis 2009
Leuenberger, Moritz SP - Zürich - 1995 bis 2010
Dreifuss, Ruth SP - Genf - 1993 bis 2002
Villiger, Kaspar FDP - Luzern - 1989 bis 2003
Felber, René SP - Neuenburg - 1987 bis 1993
Ogi, Adolf SVP - Bern - 1987 bis 2000
Cotti, Flavio CVP - Tessin - 1986 bis 1999
Koller, Arnold CVP - Appenzell Innerrhoden - 1986 bis 1999
Kopp, Elisabeth FDP - Zürich - 1984 bis 1989
Delamuraz, Jean-Pascal FDP - Waadt - 1983 bis 1998
Stich, Otto SP - Solothurn - 1983 bis 1995
Egli, Alphons CVP - Luzern - 1982 bis 1986
Friedrich, Rudolf FDP - Zürich - 1982 bis 1984
Schlumpf, Leon SVP - Graubünden - 1979 bis 1987
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Honegger, Fritz FDP - Zürich - 1977 bis 1982
Chevallaz, Georges-André FDP - Waadt - 1973 bis 1983
Hürlimann, Hans CVP - Zug - 1973 bis 1982
Ritschard, Willi SP - Solothurn - 1973 bis 1983
Furgler, Kurt CVP - St.Gallen - 1971 bis 1986
Brugger, Ernst FDP - Zürich - 1969 bis 1978
Graber, Pierre SP - Neuenburg - 1969 bis 1978
Celio, Nello FDP - Tessin - 1966 bis 1973
Gnaegi, Rudolf SVP - Bern - 1965 bis 1979
Bonvin, Roger CVP - Wallis - 1962 bis 1973
Schaffner, Hans FDP - Aargau - 1961 bis 1969
Bourgknecht, Jean CVP - Freiburg - 1959 bis 1962
Spühler, Willy SP - Zürich - 1959 bis 1970
Tschudi, Hans Peter SP - Basel-Stadt - 1959 bis 1973
von Moos, Ludwig CVP - Obwalden - 1959 bis 1971
Wahlen, Friedrich Traugott SVP - Bern - 1958 bis 1965
Chaudet, Paul FDP - Waadt - 1954 bis 1966
Holenstein, Thomas CVP - St.Gallen - 1954 bis 1959
Lepori, Giuseppe CVP - Tessin - 1954 bis 1959
Streuli, Hans FDP - Zürich - 1953 bis 1959
Feldmann, Markus SVP - Bern - 1951 bis 1958
Weber, Max SP - Zürich - 1951 bis 1953
Escher, Josef CVP - Wallis - 1950 bis 1954
Rubattel, Rudolphe FDP - Waadt - 1947 bis 1954
Petitpierre, Max FDP - Neuenburg - 1944 bis 1961
Nobs, Ernst SP - Zürich - 1943 bis 1951
Kobelt, Karl FDP - St.Gallen - 1940 bis 1954
von Steiger, Eduard SVP - Bern - 1940 bis 1951
Stampfli, Walter FDP - Solothurn - 1940 bis 1947
Celio, Enrico CVP - Tessin - 1940 bis 1950
Wetter, Ernst FDP - Zürich - 1938 bis 1943
Obrecht, Hermann FDP - Solothurn - 1935 bis 1940
Etter, Philipp CVP - Zug - 1934 bis 1959
Baumann, Johannes FDP - Appenzell Ausserrhoden - 1934 bis 1940
Meyer, Albert FDP - Zürich - 1929 bis 1938
Minger, Rudolf BGB (Vorgängerin der SVP) - Bern - 1929 bis 1940
Pilet-Golaz, Marcel FDP - Waadt - 1928 bis 1944
Häberlin, Heinrich FDP - Thurgau - 1920 bis 1934
Chuard, Ernest FDP - Waadt - 1919 bis 1928
Musy, Jean-Marie CVP - Freiburg - 1919 bis 1934
Scheurer, Karl FDP - Bern - 1919 bis 1929
Haab, Robert FDP - Zürich - 1917 bis 1929
Ador, Gustave Liberale Partei - Genf - 1917 bis 1919
Calonder, Felix-Louis FDP - Graubünden - 1913 bis 1920
Decoppet, Camille FDP - Waadt - 1912 bis 1919
Schulthess, Edmund FDP - Aargau - 1912 bis 1935
Perrier, Louis FDP - Neuenburg - 1912 bis 1913
Motta, Giuseppe CVP - Tessin - 1911 bis 1940
Hoffmann, Arthur FDP - St.Gallen - 1911 bis 1917
Schobinger, Josef Anton CVP - Luzern - 1908 bis 1911
Forrer, Ludwig FDP - Zürich - 1902 bis 1917
Comtesse, Robert FDP - Neuenburg 1899 bis 1912
Ruchet, Marc-Emile FDP - Waadt - 1899 bis 1912
Brenner, Ernst FDP - Basel-Stadt - 1897 bis 1911
Müller, Eduard FDP - Bern - 1895 bis 1919
Ruffy, Eugène FDP - Waadt - 1893 bis 1899
Lachenal, Adrien FDP - Genf - 1892 bis 1899
Zemp, Joseph CVP - Luzern - 1891 bis 1908
Frey, Emil FDP - Basel-Land - 1890 bis 1897
Hauser, Walter FDP - Zürich - 1888 bis 1902
Deucher, Adolf FDP - Thurgau - 1883 bis 1912
Ruchonnet, Antoine Louis John FDP - Waadt - 1881 bis 1893
Hertenstein, Wilhelm FDP - Zürich - 1879 bis 1888
Bavier, Simeon FDP - Graubünden - 1878 bis 1883
Droz, Numa FDP - Neuenburg - 1875 bis 1892
Anderwert, Fridolin FDP - Thurgau - 1875 bis 1880
Hammer, Bernhard FDP - Solothurn - 1875 bis 1890
Heer, Joachim FDP - Glarus - 1875 bis 1878
Borel, Eugène FDP - Neuenburg - 1872 bis 1875
Scherer, Johann Jakob FDP - Zürich - 1872 bis 1878
Ceresole, Paul FDP - Waadt - 1870 bis 1875
Ruffy, Victor FDP - Waadt - 1867 bis 1869
Welti, Emil FDP - Aargau 1866 bis 1891
Challet-Venel, Jean-Jacques FDP - Genf - 1864 bis 1872
Schenk, Karl FDP - Bern - 1863 bis 1895
Dubs, Jakob FDP - Zürich - 1861 bis 1872
Pioda Battista, Giovanni FDP - Tessin - 1857 bis 1864
Knüsel, Josef Martin FDP - Luzern - 1855 bis 1875
Fornerod, Constant FDP - Waadt - 1855 bis 1867
Stämpfli, Jakob FDP - Bern 1854 bis 1863
Druey, Daniel-Henri FDP - Waadt - 1848 bis 1855
Franscini, Stefano FDP - Tessin - 1848 bis 1857
Frey-Herosé, Friedrich FDP - Aargau - 1848 bis 1866
Furrer, Jonas FDP - Zürich - 1848 bis 1861
Munzinger, Martin J. FDP - Solothurn - 1848 bis 1855
Naeff, Wilhelm Matthias FDP - St. Gallen - 1848 bis 1875
Ochsenbein, Ulrich FDP - Bern - 1848 bis 1854

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Keystone