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Schweiz
Die SVP provoziert im Abstimmungskampf um die erleichterte Einbürgerung mit dem Bild einer Burkaträgerin. Das ging einem Schweizer Hobby-Musiker zu weit: In seinem Video rechnet er nun mit dem Politiker ab, der für das Plakat verantwortlich ist: Andreas Glarner.
Mit Mistgabel, Zipfelmütze und Edelweisshemd richtet sich ein junger Mann mit Dreitagebart per Video-Botschaft an seine Social-Media-Gemeinde. Aus der Brusttasche blitzt eine Packung «Krumme» hervor. Im Hintergrund ist Ziegengemecker zu hören, untermalt von Schwyzerörgeli-Klängen.
Doch bereits nach seinen ersten Worten – «Hochvertruuti liäbi Mitstimmbürgerslüüt» – wird klar: Nicht nur das Erscheinungsbild des Redners trügt, sondern auch sein Name «Buur K.». Sam National alias Sammy Frey ist kein Bauer, sondern Seklehrer. Und das Video hat nichts mit Landwirtschaft zu tun. In seiner Botschaft «Oh Andi» richtet er sich stattdessen an keinen anderen als SVP-Nationalrat Andreas Glarner.
Das Thema: Erleichterte Einbürgerung und die von Glarner initiierte Burka-Plakatierung der Schweiz, mit der er gegen die Abstimmungsvorlage vom 12. Februar Stimmung macht. Die Kritik, das Motiv der Burka habe keinen Zusammenhang mit Ausländern der dritten Generation, kam postwendend. Selbst aus eigenen Kreisen erntete Glarner Unverständnis. Sam National doppelt nach: «Und au mit falschi Fakte wird nöd gspart, drohe mit em Kalifat - das und nöd vill meh ghörtme vome Komitee us Oberwil-Lieli», singt er zur Melodie vom Queen-Hit «Bohemian Rhapsody».
Es ist nicht das erste Video von Frey und auch nicht das einzige, in dem er politische Töne anschlägt. Bereits vor der Abstimmung zur Durchsetzungsinitiative produzierte er eine Parodie zum SVP-Lied «Welcome to SVP». Wieso auch für diese Abstimmung? «Das Thema der erleichterten Einbürgerung ging während des Abstimmungskampfes etwas unter», so Frey.
Überall sei über die Unternehmenssteuerreform III diskutiert worden, obwohl das Schicksal der «Terzos» mindestens genauso wichtig sei. Ausserdem hätten die Gegner der Initiative auf dem öffentlichen Parkett stets die Überhand gehabt – trotz Organisationen wie Operatio Libero, die dagegen ankämpften.
Ausschlaggebend war aber ein anderer Beweggrund: «Plötzlich habe ich auf allen möglichen Portalen die gleiche Headline gelesen: ‹Andreas Glarner freut sich darüber, wenn Schweizer Angst haben›. Das hat mich so geärgert, dass ich mir dachte: ‹Jetzt muss ich etwas unternehmen›.»
Und das war eine «Hau-Ruck-Aktion», wie er sagt. In nur zehn Tagen wurde aus der Songidee ein Video – und das ist ein Erfolg. Schon jetzt. «Es ist noch keine 24 Stunden online und hat bereits knapp 12'000 Klicks erreicht.» Auch die Feedbacks seien ausnahmslos positiv ausgefallen – Andreas Glarner dagegen hat nicht reagiert. «Die Antworten auf meine Fragen wären aber sicher eine Bereicherung.»
Kulisse und Kleidung sind nicht zufällig gewählt. Frey fühlte sich ungewollt inspiriert von den Burka-Plakaten. Ihnen fühlte er sich an öffentlichen Plätzen widerstandslos ausgeliefert. Daraus entstand der «Buur K.», in dessen Haut sich Frey an Glarner wendet.
Wird Sam National auch zukünftig Wahlkämpfe mit politischen Videos aufmischen? «Wenn es sein muss», meint Frey vage. Und fügt an: «Wenn es brennt, muss man es löschen – einer muss es ja machen.»