Auf den Tag genau 100 Jahre nach der Gründung hat die SP Seon zu einer Jubiläumsfeier eingeladen. Christian Levrat, Präsident der SP Schweiz, besuchte das Fest der ländlichen Ortspartei und sprach über langfristige Visionen.
Christian Levrat ist zuerst etwas skeptisch, als er gebeten wird, bei einem Quiz über den Aargau mitzumachen. «Uff, äh, ja, dann halt.»
Wann wurde der Kanton Aargau gegründet? Levrats erster Gedanke kommt schnell: «Napoleon.» Dann kramt er im Gedächtnis: «Es war während der Helvetischen Republik, zur gleichen Zeit wie das Waadtland. 1802?»
Nicht schlecht, 1803. Wie hoch war der Wähleranteil der SP im Aargau bei den Grossratswahlen? «Ich weiss, dass sie 4 Punkte verloren haben. 17 Prozent?»
Es waren 15,73 Prozent. «Da war ich also etwas zu optimistisch.»
Wie heisst der Hauptort des Bezirks, in dem Seon liegt? Die Antwort kommt ohne Zögern: «Lenzburg.»
Wer ist Ihrer Ansicht nach der berühmteste Aargauer? «Urs Hofmann. Ich habe mir vorgenommen, im Aargau nicht über Doris Leuthard zu sprechen.»
Wie heisst der Präsident der SP Aargau? Levrat überlegt: «Äh, Marco, äh, Ha... Ja, Marco Hardmeier.»
Welche Sehenswürdigkeiten im Aargau haben Sie schon besucht? Levrat, ganz Sozialdemokrat: «Das Arbeiterstrandbad Tennwil.»
Geärgert habe er sich, als er das letzte Mal vom Aargau gehört habe, erklärte Christian Levrat zum Auftakt seines Referats: «In der Aargauer Zeitung stand, die SP sei keine Volkspartei mehr.» Es zählten jedoch nicht nur die Schlagzeilen von morgen, führte der Präsident der SP Schweiz weiter aus, sondern langfristige Visionen.
Levrats Auftritt an der Jubiläumsfeier der kleinen SP Seon war problemlos zustande gekommen. «Vor etwa eineinhalb Jahren habe ich ihm ein Mail geschrieben und hatte bereits zwei Stunden später seine Zusage», erzählte Ortsparteipräsident Reinhard Keller.
Levrat packte die Zuhörer mit seiner engagierten Rede. In bestem Deutsch - gewürzt mit einem charmanten französischen Akzent - sprach er über die notwendigen Veränderungen in der Sozialpolitik und im ökologischen Verhalten. Die Besucher der Jubiläumsveranstaltung waren beeindruckt von Levrats Auftritt. Auch die beiden dienstältesten Mitglieder der SP Seon. «Die Worte von Levrat sind für mich ein Antrieb», schwärmte Max Urech, der seit 53 Jahren der SP Seon angehört. «Die Rede war hervorragend. Genau so habe ich es mir vorgestellt.» Hans Schoy, er ist gar schon 58 Jahre Mitglied der Seoner SP, lobte: «Es hat mir sehr gefallen.» Schoy war 20 Jahre lang Grossrat, verehrt Rosa Luxemburg und findet es nicht schwierig, in Seon Sozialdemokrat zu sein.
Geboren am 7. Juli 1970 in La Tour-de-Trême FR. Jurist, Gewerkschafter, Nationalrat. Seit 2008 Präsident der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz.
Besonders in den Grussbotschaften an die jubilierende Ortspartei wurde jedoch oft vom scharfen Gegenwind gesprochen, der den Sozialdemokraten in ländlichen Gebieten entgegenschlägt. Der Mitgliederschwund war ein oft zitiertes Thema. «Leider haben wir seit zehn Jahren keinen Vertreter mehr im Gemeinderat», meinte SP-Seon-Präsident Reinhard Keller. «Unsere personelle Decke ist ziemlich dünn.»
Wie vor 100 Jahren kämpfe die SP auch heute noch für bessere Lebensbedingungen, erklärte Keller. «Heute sind die Probleme aber abstrakter. Es geht nicht mehr um 10 Rappen mehr Lohn, um das Überleben der Familie zu sichern, sondern beispielsweise um Chancengleichheit.»
Auch verschiedene Vertreter aus der Politik überbrachen ihre Grussbotschaften. Dabei gefiel dem Publikum vor allem die freimütige Ansprache von Oliver Müller, dem Vertreter der kantonalen Geschäftsleitung. Als junger Mensch sei er sehr beeindruckt von einer 100-jährigen Geschichte, meinte Müller und schenkte den Seonern einen Strauss roter Rosen. Für die kulturelle Unterhaltung der Jubiläumsveranstaltung sorgten die Schürmüli Musig und das Kabarett schön&gut. «Wir finden, wir haben ein Fest verdient», erklärte Keller. «Ausserdem wollen wir damit auf die Existenz der SP Seon aufmerksam machen und zeigen: Die SP ist da.»
Levrat zog am Schluss seiner Rede zwei Lehren aus der langjährigen Geschichte der SP: «Wir sollen Mut haben für Veränderungen und Freude zeigen an der Politik.» Und: «Die SP ist, war und wird immer eine Volkspartei sein.»