Zum Halten bestimmter Hunde soll es in Zukunft eine Lizenz brauchen. Der Regierungsrat hält am Plan fest, ein kantonales Hundegesetz zu erlassen. Es soll weiter gehen als die sich abzeichnende Bundeslösung.
Urs Moser
Nach dem tragischen Vorfall im zürcherischen Oberglatt, bei dem ein Kind von Pitbulls zu Tode gebissen wurde, war man sich im Prinzip einig: Es besteht Handlungsbedarf, um die Bevölkerung besser vor gefährlichen Hunden zu schützen.
Das war im Dezember 2005. Seither tobte eine Auseinandersetzung, auf welchem Weg und auf welcher Ebene dieses Ziel zu erreichen ist. Braucht es eine eidgenössische Lösung oder sollen die Kantone neue Hundegesetze erlassen? Sollen bestimmte Hunderassen ganz verboten werden oder geht die Gefahr eigentlich gar nie vom Hund selber, sondern immer vom Hundehalter aus?
Die Kampfhunde-Lizenz
Obwohl es inzwischen so aussieht, dass sich das eidgenössische Parlament auf eine Bundeslösung einigen wird, hält die Aargauer Regierung am Plan für ein neues kantonales Hundegesetz fest. Gestern veröffentlichte sie ihre Botschaft an den Grossen Rat. Das Gesetz geht weiter als die voraussichtliche
Wenige Tage nach dem Unfall im zürcherischen Oberglatt, bei dem ein Kind von Pitbulls totgebissen wurde, begann das Ringen um eine eidgenössische Lösung für einen besseren Schutz vor gefährlichen Hunden. Zuerst arbeitete eine Parlamentskommission eine Variante aus, die eine Einteilung der Hunderassen in wenig gefährlich, möglicherweise gefährlich und gefährlich vorsah. Gefährliche Hunde wären verboten gewesen. Die Lösung fiel durch, der Bundesrat präsentierte eine andere Vorlage, die sich mehr auf die Haftungsfrage konzentrierte. Dann präsentierte wieder eine Nationalratskommission einen neuen Vorschlag für ein eidgenössisches Hundegesetz. Der Nationalrat hat der Vorlage im Juni zugestimmt. Die Beratung im Ständerat ist frühestens in der Wintersession geplant. Das eidgenössische Gesetz setzt nur Mindeststandards und sieht weder ein Verbot einzelner Rassen noch eine Bewilligungspflicht zum Halten bestimmter Hunde vor. (mou)
In einem Parlamentarischen Vorstoss wurde zwar auch ein Pitbullverbot gefordert, ein Verbot bestimmter Hunderassen steht für die Regierung aber nicht zur Diskussion. Das Gesetz spricht auch nicht von Hunderassen, sondern von «Rassetypen». Für welche Hunde konkret es in Zukunft eine Halterlizenz brauchen soll, ist nicht definiert. Es soll in die Kompetenz des Regierungsrats gelegt werden, die entsprechende Rassentypenliste zu erstellen. Anhaltspunkte dürften die in anderen Kantonen bereits getroffenen Regelungen liefern (vgl. Box: Lösungen der Kantone).
Strenge Bedingungen
Wer im Kanton Aargau einen Pitbull oder Rottweiler halten will, muss mindestens 18 Jahre alt sein. Dazu kommt eine Reihe weiterer Anforderungen: Bei Vorstrafen oder laufenden Strafuntersuchungen kann eine Halterbewilligung verweigert werden. Für eine Bewilligung haben sich Bewerber über eine ausreichende Haftpflichtversicherung ebenso auszuweisen wie über «genügend kynologische Fachkenntnisse». Wer sich einen bestimmten Hundetyp halten will, muss «aufgrund der persönlichen und finanziellen Verhältnisse Gewähr für eine artgerechte und verantwortungsvolle Haltung» bieten. Wie solche Bedingungen genau überprüft werden sollen, steht auf einem anderen Blatt.
«Auf den Hund gekommen»
Nicht zuletzt deswegen wird das Hundegesetz im Parlament keinen leichten Stand haben. «Mit der Gesetzgebung auf den Hund gekommen», wetterte gestern die FDP. Sie hatte im Grossen Rat einen Vorstoss eingereicht, der die Sistierung der Arbeiten an einem kantonalen Hundegesetz verlangt. Kommt es zu einer Bundeslösung, soll ganz darauf verzichtet werden. Fraktionschef Daniel Heller: «Es ist für mich unverständlich, dass der Bundeslösung nun so vorgegriffen wird. Es darf nicht sein, dass die Schweiz im Bereich des täglichen Lebens zunehmend unterschiedliche kantonale Regulierungen kennt.» Ein solches Vorgehen müsse entschieden verhindert werden, finden die Freisinnigen.
Verschiedene Kantone haben ungeachtet der Bemühungen auf eidgenössischer Ebene neue Hundegesetzgebungen erlassen. Im Wallis zum Beispiel wurden schon im Dezember 2005 zwölf Hunderassen verboten. Dagegen wurde Beschwerde geführt, aber das Bundesgericht hat das Rassenverbot nicht widerrufen. In Genf wurde eine Initiative angenommen, die ebenfalls ein Verbot von zwölf Hunderassen und eine Bewilligungspflicht für alle Hunde über 25 Kilogramm verlangt. In den Aargauer Nachbarkantonen sieht es unterschiedlich aus. Bern und Zug haben keine speziellen Hundevorschriften. Solothurn und die beiden Basel entschieden sich gegen ein Rassenverbot, kennen hingegen, wie jetzt im Aargau vorgeschlagen, eine Bewilligungspflicht für bestimmte Hunderassen. Im Kanton Zürich wiederum hat sich vergangenen Dezember das Stimmvolk für ein Verbot für Hunderassen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial ausgesprochen. (mou)
Ganz anders sieht das SVP-Grossrat Jürg Hunn. «Man kann nicht einfach nichts machen», sagt er. Hunn hatte in einer Motion ein Pitbull-Verbot gefordert. Mit der nun vorgeschlagenen Halterberechtigung wäre er jedoch auch einverstanden. Ein kantonales Gesetz brauche es aber. Es bestehe so oder so Handlungsbedarf für eine Anschlussgesetzgebung. Zudem könne es bis zu einer Bundeslösung noch lange dauern. Und was der Bund jetzt bringen wolle, sei nichts Neues und nichts Griffiges, da brauche es weiter reichende Bestimmungen zum Schutz vor gefährlichen Hunden. Ob das auch die Fraktionsmeinung der SVP sein wird, bleibt allerdings offen. Man hatte durchaus Sympathie für den Vorschlag der Freisinnigen gezeigt, die Kantonslösung vorerst auf Eis zu lgen.
Kein übertriebener Aktivismus
Der Regierungsrat sieht sich selbst mit seinem Vorschlag auf dem goldenen Mittelweg. Einerseits sei die Politik gefordert, die in der Öffentlichkeit vorherrschende Befindlichkit sowie die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung ernst zu nehmen. Andererseits solle eine Überreaktion im Sinne eines übertriebenen gesetzgeberischen Aktivismus vermieden werden. Was die in Aussicht stehende Bundeslösung betrifft, gibt der Regierungsrat zu bedenken, dass diese noch lange auf sich warten lassen könnte und noch nicht einmal sicher sei, ob der Ständerat als zweite Kammer überhaupt darauf eintrete.