Der Mangel an gewissen Krebsmedikamenten wie Cisplatin, Carboplatin oder Fluorouracil ruft Politiker und Ärzte auf den Plan: «Diese Situation ist für ein reiches Land wie die Schweiz eine Katastrophe», sagt der Zürcher SVP-Gesundheitspolitiker Toni Bortoluzzi.
Es gehe um kranke Menschen, welche diese Medikamente dringend nötig haben. Bortoluzzi sagt: «Der Bundesrat muss rasch handeln.» Auch die Tessiner SP-Nationalrätin und Ärztin Marina Carobbio findet die Situation unhaltbar: «Der Bundesrat muss das Gespräch mit der Pharmabranche suchen.» Für beide Politiker ist klar, was der Grund für die Versorgungs-Engpässe ist: Die Pharmabranche reagiere auf tiefere Preise.
«Die Multis bringen die Präparate dort auf den Markt, wo die Preise am höchsten sind. Anderswo fehlen sie dann», sagt Carobbio. Und Bortoluzzi glaubt, die Pharma verknappe das Angebot, um Druck für höhere Preise zu machen: «Man kann nicht dauernd die Medikamentenpreise senken und glauben, die Pharma produziere munter weiter.» Zur Erinnerung: Bundesrat Alain Berset hat kürzlich gegen den Willen der Schweizer Pharmamultis den Euro-Umrechnungskurs für Medikamente von 1.58 auf 1.29 gesenkt – ein höherer Wert als der reale Wechselkurs.
Interpharma, der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz, bestreitet den Zusammenhang mit den Preisen nicht: «Der Medikamentenmangel hat unter anderem mit der Preispolitik zu tun. Weil viele Länder die Preise für Medikamente gesenkt haben, sind die Pharmaunternehmen zu Rationalisierungen und Produktionsverlagerungen gezwungen.» Die Folge davon sei, dass auf kurzfristige Nachfrageschwankungen nicht mehr rasch reagiert werden könne.
Ähnlich, wenn auch etwas technischer, argumentiert das zuständige Bundesamt für Gesundheit: Im Rahmen der Globalisierung würden Produktionsprozesse rationalisiert und zunehmend auf einen Standort zentralisiert. «Der Kostendruck steigt, die Margen sinken, Lagerkapazitäten werden reduziert, bestimmte Arzneimittel werden vom Markt zurückgezogen. Probleme in einem Produktionsbetrieb wirken sich auf immer grössere Gebiete aus.»