Eigentlich geht es allen um Gleichberechtigung. Die verschiedenen politischen Lager beschreiten aber ganz unterschiedliche Wege, um diese zu erreichen.
Daniel Ballmer
Die Meinungen könnten unterschiedlicher kaum sein: Während die Schweizer Jungsozialisten die Kirchensteuer lieber heute als morgen abschaffen würden, möchte die Junge CVP diese gar noch ausweiten und fordert eine Atheisten-Steuer für Nichtgläubige. Konkret: Bezahlt jemand keine Kirchensteuer, soll er aus einer Liste eine gemeinnützige Organisation oder eine Glaubensgemeinschaft auswählen, der er einen Beitrag in gleicher Höhe wie die Kirchensteuer zukommen lässt.
«Es kann nicht sein, dass jemand aus der Kirche austritt, nur um Steuern zu sparen», argumentiert JCVP-Präsident Simon Oberbeck. Aus diesem Grund will sich seine Partei in den Kantonen dafür einsetzen, dass künftig alle, die aus der Kirche austreten, eine solche Atheisten-Steuer zahlen sollen.
«So engagieren sich alle für die Gesellschaft.» Unterstützung kommt auch von Christophe Darbellay: «Der Vorstoss respektiert die Glaubensfreiheit und schafft gleichzeitig Gleichberechtigung unter den Steuerzahlern», liess sich der CVP-Präsident zitieren.
Bei den anderen Parteien allerdings stösst die Idee auf wenig Gegenliebe: «Es kann nicht sein, dass auf die Religionsfreiheit noch Steuern erhoben werden», heisst es etwa aus der FDP. Und die SVP: «Jeder einzelne soll selbstständig wählen können, wo er zahlen möchte.»
Ganz anders die Juso: Sie wollen die Kirchensteuer gleich ganz abschaffen. Religiöse Symbole sollen aus dem Unterricht verbannt und theologische Fakultäten an staatlichen Unis geschlossen werden. Die Forderungen sind radikal. In einem Positionspapier kämpfen die Juso für eine «absolute Trennung von Kirche und Staat». Doch die Forderungen sind auch parteiintern nicht unumstritten. Gerade auch in der Region Basel hält sich die Begeisterung in Grenzen.
Offizielle Stellungnahme der Jungpartei: «Die Privilegien der christlichen Landeskirchen sind ein Affront für Nichtgläubige.» Während die reformierten Kirchen Mitglieder verlieren, wachsen andere religiöse Gemeinschaften. Und auch die Zahl derer, die gar keiner Religion angehören, nimmt zu. In einer pluralistischen Gesellschaft werde es für die Kirche deshalb immer schwieriger, ihren privilegierten Status als öffentlich-rechtliche Institution zu legitimieren.
Doch auch diese Ideen stossen auf einigen Widerstand: «Die Linke muss uns nicht vorschreiben, was wir zu glauben und denken haben», wird etwa CVP-Sprecherin Marianne Binder in der «SonntagsZeitung» zitiert. Für Thomas Wipf, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds, sind die Forderungen kontraproduktiv: «Das öffnet dem Sektierertum und dem Fundamentalismus Tür und Tor.»
Da Religion nun mal gesellschaftliche Realität sei, müsse der Staat mit ihr auch tolerant umgehen. Einzig die Freidenker-Vereinigung («Es gibt wahrscheinlich keinen Gott») begrüsst den Vorstoss der Juso.