Unbeliebt
Die Kampagne gegen den neuen Datenschützer Adrian Lobsiger

Der Bundesrat hat Adrian Lobsiger als höchsten Datenschützer auserkoren. Manche Parlamentarier stören sich an dessen polizeilichem Hintergrund und kritisieren das Wahlverfahren für den Datenschutzbeauftragten.

Lorenz Honegger
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Fotoshooting nach der Nomination: Adrian Lobsiger, designierter Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter.

Fotoshooting nach der Nomination: Adrian Lobsiger, designierter Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter.

KEYSTONE

Auf Adrian Lobsiger warten unangenehme Fragen. In acht Tagen muss der designierte Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte vor der parlamentarischen Gerichtskommission erscheinen. Der Bundesrat hat den stellvertretenden Direktor des Bundesamtes für Polizei Ende November als höchsten Datenschützer auserkoren und damit linke wie rechte Parlamentarier vor den Kopf gestossen. Inzwischen läuft eine breit orchestrierte Kampagne gegen Lobsiger. Politiker von der SP bis zur SVP stören sich an seinem polizeilichen Hintergrund und seiner Nähe zur Verwaltung, die er künftig beaufsichtigen müsste. Ob sie seine Wahl verhindern können, ist unklar. Entscheidend wird nicht nur seine Person, sondern auch das neue Wahlverfahren sein.

Missglückte Formulierung

Bis vor wenigen Jahren durfte der Bundesrat noch in eigener Regie entscheiden, wer über das Datenschutz- und Öffentlichkeitsgesetz wacht. Damit war der Beauftragte in seiner Aufsichtsfunktion aber nicht wirklich unabhängig von der Verwaltung, wie etwa die Europäische Union monierte. 2010 schrieb das Parlament deshalb einen Passus ins Gesetz, wonach es die bundesrätliche Wahl des Datenschützers jeweils «genehmigen» muss. Die Absicht dahinter war, dem Datenschützer zusätzliche Legitimität zu verleihen.

Dieses Unterfangen misslang, wie sich jetzt zeigt. Verschiedene Politiker räumen auf Anfrage ein, der Begriff «genehmigen» sei sehr «unglücklich gewählt»: Sollen die eidgenössischen Räte die Wahl des Datenschützers einfach abnicken oder aktiv Einfluss darauf nehmen? Das Gesetz gibt keine klare Antwort. Während manche Parlamentarier den Passus als Einladung sehen, Lobsigers Wahl zu verhindern, betrachten andere den Bundesrat weiterhin als alleinig zuständige Wahlbehörde. «Das Parlament sollte sich nicht in diese Angelegenheit einmischen», sagt ein prominentes Mitglied der Gerichtskommission.

FDP und SP in der Klemme

Spätestens bis zur Frühlingssession, wenn die Genehmigung von Lobsigers Wahl in der Vereinigten Bundesversammlung traktandiert ist, muss Klarheit herrschen. Lehnt das Parlament seine Wahl ab, muss der Bundesrat einen neuen Kandidaten wählen und den Räten erneut zur Genehmigung vorlegen.

Eher unangenehm gestaltet sich die Ausgangslage für die Freisinnigen und die Sozialdemokraten: Für die FDP, weil Adrian Lobsiger ein Parteimitglied ist. Für die SP, weil er aus Simonetta Sommarugas Justiz- und Polizeidepartement (EJDP) kommt und sich nach Einschätzung von SP-Fraktionsmitgliedern kaum ohne das Einverständnis der Berner Magistratin um die Stelle beworben hat. Gerüchteweise war es sogar das EJPD selbst, das Lobsiger in der Findungskommission der Bundeskanzlei als Datenschutzbeauftragten vorschlug. Verifizieren lässt sich diese Information nicht.

Bei der Anhörung der Gerichtskommission am 10. Februar wird Bundeskanzler Walter Thurnherr anwesend sein, dessen Vorgängerin Corina Casanova die Kandidatensuche geleitet hat. Thurnherr wird die Kommissionsmitglieder überzeugen müssen, dass der Bundesrat Adrian Lobsiger wegen seiner Qualifikationen und nicht wegen seiner Verwaltungsnähe als Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter auserkoren hat.

Er wird wohl auch darlegen müssen, weshalb sich die Bundeskanzlei bei der Suche von einer Firma beraten liess, die in der Vergangenheit schon mehrfach mit Losbigers derzeitigem Arbeitgeber zusammengearbeitet hat: Wie die «SonntagsZeitung» vergangenen November enthüllte, hat das Fedpol unter anderem bei der Besetzung seines Chefpostens auf die Beratungsdienstleistungen des Unternehmens zurückgegriffen.

Matchentscheidend wird aber vor allem der Auftritt des Kandidaten selbst sein. «Wenn Lobsiger vor der Kommission einen guten Auftritt hat, sind seine Chancen auf eine Bestätigung relativ gross», sagt ein Nationalrat.

Der Auserkorene selber will bis zur Bestätigung seiner Wahl nicht mit Journalisten sprechen. Dass er sich in Stellung bringt, dürfte aber ausser Frage stehen: Am 17. Dezember des letzten Jahres empfing Adrian Lobsiger anlässlich seiner Nomination einen Fotografen der Bildagentur Keystone zum Fotoshooting (siehe Bild oben).