Corona-Pandemie
«Die Intensivbetten werden nicht ausreichen» – dringender Appell von Basler Ärztin

In einem Videoaufruf rechnet eine Basler Ärztin vor, wie lange es noch gehen wird, bis die Intensivbetten in der Schweiz komplett belegt sind. Jetzt gehe es darum, dass sich niemand mehr mit dem Virus ansteckt.

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Bei einer schnellen Ausbreitung des Virus drohen Personal-Engpässe: Eine Krankenschwester kümmert sich um einen Patienten auf der Intensivstation.

Bei einer schnellen Ausbreitung des Virus drohen Personal-Engpässe: Eine Krankenschwester kümmert sich um einen Patienten auf der Intensivstation.

Helmut Fohringer/Keystone

In einem dringlichen Videoaufruf auf Instagram wendet sich eine Ärztin des Universitätsspitals Basel an die Schweizerinnen und Schweizer. «Meine liebe Mitmenschen», beginnt sie. Sie mache dieses Video, weil immer noch viel zu viele Leute nicht begriffen hätten, um was es bei dieser Coronavirus-Krise gehe: «Nämlich darum, dass wir jetzt zu Hause bleiben und alle Treffen, die nicht zwingend nötig sind, absagen.»

Sie rechnet vor, dass sich in der Schweiz etwa vier Millionen Menschen mit dem Virus anstecken werden, sofern man sich an die Einschätzungen der Epidemiologen halte. Und von den Zahlen aus China und Italien wisse man, dass etwa 20 Prozent der Fälle schwer verlaufen würden, sprich eine medizinische Versorgung im Spital benötigen. In der Schweiz wären das dann 800'000 Menschen.

Wir wissen schon jetzt, dass uns die Intensivbetten nicht ausreichen werden.

Bei etwa einem Viertel dieser 800'000 Fälle würde der Krankheitsverlauf schwer verlaufen. Diese Personen müssten auf der Intensivstation behandelt oder beatmet werden. Mit den Aufrüstungen, die derzeit gemacht würden, stünden der Schweiz rund 1000 Betten auf der Intensivstation zur Verfügung. «Und jetzt haben wir also 1000 Betten und 200'000 Menschen, die ein solches Bett brauchen.»

Das ganze Video hier:

Nach einer denkwürdigen Pause rechnet sie weiter: Wie viele Ansteckungen darf es also geben, damit die Betten nicht ausgehen? «20'000 Corona-Erkrankte dürfen wir in der Schweiz haben, damit die Betten auf der Intensivstation noch ausreichen.» Mit dem exponentiellen Wachstum der Verbreitungskurve dauere es also noch neun Tage, bis alle Betten auf den Intensivstationen belegt seien.

Und weiter müsse man eigentlich gar nicht rechnen. «Wir wissen schon jetzt, dass die Intensivbetten nicht ausreichen werden.» Und das wiederum heisse, dass sich ab heute niemand mehr anstecken dürfe. «Ab heute, nein ab gestern darf sich niemand mehr mit diesem verdammten Coronavirus anstecken.»

In einem Appell richtet sie sich an jene, die sich nicht an das Social Distancing halten wollen, die weiterhin draussen Freunde treffen, an die über 65-Jährigen, die sich nicht an die Massnahmen halten: «Seid euch bewusst, dass die Spitäler auch jetzt nicht leer sind. Dass wir jetzt Kinder auf der Krebsstation haben, deren Chemotherapie wir verschieben müssen.»

Es gehe also nicht nur um die Corona-Patienten, sondern auch um all jene, die wegen des Virus jetzt nicht die Behandlung bekommen, die sie eigentlich bräuchten. «Und wenn euch das alles am Arsch vorbei geht, dann stellt euch mal vor, was wir dann für Entscheidungen treffen müssen. Wer soll weiter beatmet werden? Der 72-jährige Grosspapi oder der 48-jährige Familienvater?»

Dieses Szenario sei absolut real. Denn es gebe jetzt schon zu viele Angesteckte, als dass die Intensivbetten reichen würden. «Es geht nicht darum, ob wir Ärzte vor diese Frage gestellt werden. Wir werden so oder so vor diese Frage gestellt.»

Sie selber werde jetzt wegziehen von ihrem Zuhause, weil sie als Ärztin exponiert sei und ihr Mann zur Risikogruppe gehöre. «Ich stelle mich darauf ein, dass ich meinen Mann und meine Kinder drei Monate lang nicht sehe. Wegen so Idioten wie euch. Ihr müsst es begreifen. Es kostet jetzt schon Leben. Also bleibt ‹gopferdammi› nochmal zu Hause.» (sar)