Die USA verlangen von den Schweizer Banken massenweise Daten über US-Kunden. Allein: Unter diese Definition fallen längst nicht nur Amerikaner oder schweizerisch-amerikanische Doppelbürger.
Vom US-Steuerdeal direkt betroffen seien die Schweizer Banken und ihre US-Kunden. Jetzt zeigen Recherchen der «Nordwestschweiz»: Diese weit-verbreitete Auffassung ist nicht präzis genug. Offengelegt werden laut der Botschaft des Bundesrats Geschäftsbeziehungen allgemein zu «US-Personen». Allein: Wer eine «US-Person» ist, definieren die Amerikaner abschliessend und alleine im Fatca-Abkommen. Und diese Definition ist zum Nachteil der Schweiz sehr weit gefasst.
183 Tage genügen
Unter einer «US-Person» verstehen die Amerikaner einerseits die üblichen Verdächtigen wie US-Bürger, Doppelbürger oder die Besitzer einer Greencard. Diese erhält, wer sich längerfristig in den USA aufhält. Unter diese Kategorien fällt der Grossteil der rund 76 000 Schweizer, die laut dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) 2012 in den USA Wohnsitz hatten.
In den USA steuerpflichtig sind aber andererseits nebst den Doppelbürgern, die in der Schweiz leben auch Schweizer, die sich in den letzten drei Jahren in den USA aufgehalten haben. Konkret gilt als „US-resident" und damit als steuerpflichtig, wer im laufenden Jahr und den vergangenen zwei Jahren insgesamt mindestens 183 Tage in den USA weilte. Dabei werden die Tage im laufenden Jahr eins zu eins gezählt. Von der Aufenthaltsdauer im letzten Jahr wird effektiv nur ein Drittel aller Tage einberechnet. Und vom vorletzten Jahr gar nur ein Sechstel. Unter dem Strich bedeutet dies, dass jemand in den letzten drei Jahren inklusive des aktuellen Jahrs mehrheitlich in den USA gelebt haben muss, um dort steuerpflichtig zu sein. Mehrere kürzere
Aufenthalte genügen nicht.
Darüber hinaus gilt auch als «US-Person», wer in den USA geboren wurde oder über eine US-Telefonnummer verfügt. Auch eine Postadresse oder ein Dauerauftrag auf ein US-Konto sind in amerikanischer Lesart klare Indizien dafür, dass es sich um eine «US-Person» und eine damit in den USA steuerpflichtige Person handelt. Wer sich von seiner Steuerpflicht entbinden will, muss in einem aufwendigen Verfahren beweisen, dass er oder sie keine «US-Person» im amerikanischen Sinne ist.
Es trifft vor allem Reiche
Die Amerikaner wollen aber nicht in jedem Fall sämtliche Daten. Bei Konten unter 50'000 Dollar sind die Banken nicht verpflichtet, Meldung zu erstatten. Auch rückkauffähige Versicherungsverträge und Rentenversicherungsverträge bis 250 000 Dollar sind davon ausgenommen.
Bei Kontoständen über diesen Schwellenwerten sind die Banken aber sowohl beim Fatca-Abkommen als auch beim Steuerdeal verpflichtet, die US-Personen zu melden. Mit andern Worten: Von der Datenlieferung betroffen ist auch jener Schweizer Doktorand, der in den USA soeben mehrere Forschungssemester absolviert hat. Oder jene Schweizer Mitarbeiterin, die in den vergangenen drei Jahren mehrfach aus beruflichen Gründen während Monaten in den USA weilte.
Badran: Viel Arbeit für Banken
Für die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran ist daher klar: «Auf unsere Banken kommt sehr viel Arbeit zu.» Insbesondere müssten auch Institute mit einer Verstrickung in den Steuerdeal und möglicherweise mit einer Busse rechnen, die bisher guten Glaubens davon ausgegangen sind, über keine US-Kunden zu verfügen. «Da wird es wohl noch viele Überraschungen geben», sagt Badran.
Das Fatca-Abkommen wird wie auch das Bundesgesetz zur Datenlieferung an die USA in der laufenden Sommersession behandelt.