Acht Parlamentarier von links bis rechts sitzen in Bankräten – eine heikle Doppelrolle
«Sauunangenehm» sei es in diesen Tagen, SVP-Nationalrat und Bankrat der Zürcher Kantonalbank (ZKB) gleichzeitig zu sein, sagt Hans Kaufmann. Die Rede ist vom Tauziehen um den Steuerdeal mit den USA. Kaufmanns Fall ist exemplarisch für die heikle Doppelrolle, in der sich neben ihm sieben weitere Parlamentarier befinden. Auch die Ständeräte Claude Janiak (SP/BL) und Luc Recordon (Grüne/VD) sowie die Nationalräte Markus Lehmann (CVP/BS), Ruth Humbel (CVP/AG), Fulvio Pelli (FDP/TI), und Sebastian Frehner (SVP/BS) sitzen in den Aufsichtsgremien von Kantonalbanken.
Loyalitätskonflikt
Der resultierende Loyalitätskonflikt ist beträchtlich: Der Politiker Kaufmann muss die politisch brisante wie heikle Frage beantworten, ob sich die Schweiz im Steuerstreit mit Washington dem Diktat der Amerikaner beugen und ein Spezialgesetz im Rekordtempo innert einer Session abwinken soll. Dagegen sträubt sich jede Faser des rechten Bankenspezialisten.
Der Bankrat Kaufmann jedoch muss als Erstes an die Zukunft der ZKB denken und fungiert damit als verlängerter Arm seiner Kantonalbank. Da er erst im Oktober 2011 zum Gremium stiess, muss er sich anders als beispielsweise die Nationalräte Frehner und Lehmann zwar nicht den Vorwurf gefallen lassen, die Akquisition unversteuerter US-Vermögen sei direkt unter seinen Augen geschehen. Aber er kann nicht einfach ignorieren, dass die ZKB ein existenzielles Interesse an einer möglichst raschen Zustimmung des Parlaments zum Steuerdeal hat.
Sonst kann es schnell sehr unangenehm werden: Die Gerüchte halten sich hartnäckig, dass die USA die ZKB als eines von mehreren Instituten sofort einklagen würden, wenn das Parlament in der laufenden Session keinen Entscheid fällt. Gefährdet ist angeblich auch die Basler Kantonalbank, gegen die in den USA ebenfalls bereits seit einiger Zeit ein Verfahren läuft.
Kaufmann ist hin- und hergerissen: «Es ist nicht klar, welche Variante klüger ist, und ob es Alternativen gibt. Am liebsten würde ich mich enthalten.» Diesen Ausweg hat er in diesem Fall nicht: Bei der Abstimmung zum Steuerdeal-Gesetz ist ein qualifiziertes Mehr notwendig. Jede Enthaltung zählt gleich wie eine Nein-Stimme. Vorläufig will er sich daher nicht in die Karten blicken lassen.
Wie Kaufmann gibt eine Mehrheit der sieben anderen betroffenen Parlamentarier an, sich noch keine abschliessende Meinung gebildet zu haben. Eine Ausnahme bildet der Basler CVP-Nationalrat Lehmann: «Ich werde Ja stimmen. Es ist keine schöne Lösung, aber wir sitzen am kürzeren Hebel als die USA, und es ist wichtig für unsere Banken, dass sie endlich einen Schlussstrich ziehen können.» Er hoffe, sein Bankratskollege und SVP-Nationalrat Frehner werde am Ende doch noch zustimmen. SP-Ständerat Janiak sagt: «Ich habe mich noch nicht festgelegt. Für meine Meinungsbildung wird es entscheidend sein, was der Kanton und die Führung der Kantonalbank sagen.»
Kantonalbanken machen Druck
Klar ist: Der Druck auf die politisierenden Bankräte wächst. Urs Müller, Präsident des Verbands der Schweizerischen Kantonalbanken, platzierte gestern in der «Neuen Zürcher Zeitung» eine klare Ansage: «Da die Politik eine gewisse Mitverantwortung für die prekäre Situation der Schweizer Banken trägt, soll sie nun auch Verantwortung übernehmen und den Banken eine geordnete und tragbare Bereinigung der Altlasten ermöglichen. Deshalb erwarten die Kantonalbanken vom Parlament, dass der vorliegende Gesetzesentwurf angenommen wird.»