Der Ständerat vollzieht eine Kehrtwende: Die heutigen Werbeeinschränkungen für Tabakprodukte sollen verschärft werden. Zudem hat die kleine Kammer einer «Lex Dubai» zugestimmt.
Die Tabakbranche steht im Gegenwind. Noch vor drei Jahren konnte sie auf die Hilfe des Ständerats zählen. Damals wies die kleine Kammer eine Vorlage, die zusätzliche Werbeeinschränkungen für die Zigaretten-Hersteller vorsah, zurück.
Am Dienstag war der Tenor ein ganz anderer. Tabakwerbung soll künftig in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Publikationen sowie im Internet verboten sein. Heute ist sie nur in Radio und Fernsehen untersagt. Und dann, wenn sie sich speziell an Jugendliche unter 18 Jahren richtet.
Nicht geholfen hat der Branche die Diskussion um das Sponsoring des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung in Dubai. Der Bund stoppte schliesslich die Zusammenarbeit mit Philip Morris.
Zudem wurde vergangene Woche eine Volksinitiative für ein vollständiges Werbeverbot im öffentlichen Raum eingereicht. Hinter der Initiative stehen verschiedene Gesundheitsorganisationen sowie SP-Ständerat Hans Stöckli (BE). Er sei glücklich über den Verlauf, den das Geschäft seit der Rückweisung vor drei Jahren genommen habe, sagte Stöckli am Dienstag.
Im Vorfeld hatte der Verband Swiss Cigarette zusammen mit Economiesuisse und weiteren Organisationen versucht, das Steuer noch herumzureissen. In Schreiben an die Ständeräte wurde argumentiert, der Tabakkonsum sei insbesondere bei Jugendlichen seit Jahren rückläufig. Diese begännen zudem nicht aufgrund der Werbung, sondern vielmehr aus Neugier, Gruppendruck und aufgrund des persönlichen Umfelds mit dem Rauchen.
Werde die Tabakwerbung weiter eingeschränkt, dann verletze dies die in der Verfassung garantierte Wirtschaftsfreiheit. Dem widersprach der Präsident der ständerätlichen Gesundheitskommission, Joachim Eder (ZG): Konflikte mit der Verfassung könnten sich allenfalls bei einem vollständigen Werbeverbot ergeben.
Hans Stöckli argumentierte, Werbeeinschränkungen zeigten durchaus Wirkung. «Es ist eine Tatsache, dass in den Kantonen Solothurn und Wallis signifikant weniger Jugendliche Tabak rauchen als in den übrigen Kantonen.» In Solothurn und im Wallis sowie in vier weiteren Kantonen darf auf Plakaten sowie im Kino nicht für Tabakprodukte geworben werden. Die Gegenposition nahm der Luzerner FDP-Politiker Damian Müller ein:
In Frankreich gilt ein totales Werbeverbot und trotzdem raucht dort praktisch jeder Dritte.
CVP-Ständerat Daniel Fässler (AI) versuchte, die zusätzlichen Werbeeinschränkungen aus dem Gesetz zu streichen. Dies wurde aber von der Mehrheit – bestehend aus der geschlossenen Linken, dem Grossteil der CVP sowie einigen FDP-Vertretern – abgelehnt.
Der Ständerat handelt damit im Sinn des Bundesrates. Wobei dieser gemäss Gesundheitsminister Alain Berset gerne ein weitergehendes Werbeverbot sähe, das auch auf nationaler Ebene Plakate und Kinos umfasst. Die Beschlüsse des Ständerats seien jedenfalls das Minimum, damit die Schweiz die Tabakkonvention der Weltgesundheitsorganisation WHO ratifizieren könne. 181 Länder haben dies bereits getan.
Neben den zusätzlichen Werbeverboten sprach sich der Ständerat auch für eine neue Bestimmung beim Sponsoring aus: Die Tabakbranche soll keine Veranstaltungen der öffentlichen Hand mehr sponsern dürfen. Es ist dies eine direkte Reaktion auf die Affäre rund um den Schweizer Pavillon in Dubai.
Hans Stöckli sagte im Anschluss an die Debatte: «Das Gesetz ist auf gutem Weg.» Ein Rückzug der Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» sei aber erst dann ein Thema, wenn ein vertretbares Gesetz in trockenen Tüchern sei.
Die Beratung des Gesetzes wurde am Dienstag unterbrochen. Noch nicht diskutiert wurde etwa ein Verkaufsverbot von Tabakprodukten und E-Zigaretten an unter 18-Jährige. Heute können Minderjährige theoretisch in 15 Kantonen Zigaretten kaufen. Anfang Jahr hat sich der Tabakwarenhandel aber per Kodex zum Mindestalter 18 bekannt.