Didier Burkhalters Departement koordiniert künftig sämtliche Verhandlungen mit der EU. Damit soll eine klarere, einheitlichere Strategie gefahren werden. Aussenpolitiker reagieren positiv auf die neue Ausrichtung.
Inhaltlich wäre es nicht nötig gewesen, mit Eveline Widmer-Schlumpf (BDP), Didier Burkhalter (FDP) und Alain Berset (SP) gleich drei Bundesräte vor die Medien zu entsenden. Was die Mitglieder der Landesregierung gestern zu verkünden hatten, war nämlich nichts bahnbrechend Neues. Beim grossen Auftritt ging es viel eher um Symbolik.
Im neuen Jahr steht das Verhältnis zu Europa im Zentrum der Schweizer Politik. Nebst den Abstimmungen über die Personenfreizügigkeit geht es primär um die sogenannt institutionellen Fragen sowie um den Finanzbereich. In den für die Schweiz existenziellen Beziehungen zur Europäischen Union soll nun Einigkeit, Entschlossenheit und vor allem Geschlossenheit demonstriert werden.
Rossier wird Koordinator
Zu diesem Zwecke hat der Bundesrat an seiner Sitzung Didier Burkhalters Staatssekretär Yves Rossier offiziell zum Koordinator der Europapolitik ernannt. Rossier steht einer Koordinationsgruppe vor, der Spitzenbeamte aus sechs Departementen angehören. Letztmals habe es eine solche Gruppe bei den Verhandlungen über die ersten bilateralen Verträge gegeben, heisst es auf Anfrage beim Aussendepartement EDA.
Rossiers Aufgabe ist, in verschiedenen europapolitischen Dossiers parallel Fortschritte zu erzielen. Von der Zins- und Unternehmensbesteuerung, über den Zugang zum Strommarkt bis hin zur Beteiligung der Schweiz an Bildungs- und Forschungsprogrammen der EU. Der Bundesrat will zwar nichts von einer formellen Verknüpfung – einer Paketlösung – wissen. Die Gefahr einer Blockade oder gar eines Absturzes wäre zu gross. Doch «unser Ziel ist eine kohärente und ausgeglichene Lösung, die die Interessen der Schweiz respektiert», sagt Aussenminister Burkhalter.
Bestrittene Führungsrolle des EDA
Dass nun das Aussendepartement die Führungsaufgabe wenigstens in der Europapolitik übernimmt, ist keine Selbstverständlichkeit. Zwar obliegt dem EDA laut Verfassung die Koordination der Aussenpolitik. Doch faktisch hat bisher jedes Departement weitgehend eine eigene aussenpolitische Agenda geführt. Die wichtigen Fragen wurden selten vom EDA verhandelt.
Die Aussenwirtschaftspolitik etwa prägte früher die Handelsabteilung des Volkswirtschaftsdepartements – heute das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco. Verkehrs- und Energiefragen liegen in der Verantwortung des riesigen Uvek, Steuer- und Finanzfragen werden vom Finanzdepartement gesteuert. Das EDA war und ist hingegen oft zur Zuschauerin verdammt, die der Welt die Guten Dienste der Schweiz anbietet.
Die Vielfältigkeit der Europa-Dossiers und der hohe Koordinationsbedarf führen nun aber zu einer klaren Stärkung der Rolle des EDA und damit auch des Aussenministers. Didier Burkhalter ist somit 2014 nicht nur Bundespräsident und Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), sondern neu auch eine Art Super-Aussenminister, der die Europapolitik koordiniert.
Reaktionen: Ein richtiger Schritt
Aussenpolitiker reagieren erfreut auf die Ankündigung des Bundesrats. «Die wichtigen Dossiers müssen gemeinsam angegangen werden», sagt Geri Müller (Grüne, AG). Das stärke die Schweiz. Zufrieden ist auch SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (AG). «Der Bundesrat muss aber zwingend auch die Personenfreizügigkeit in diese Gesamtbetrachtung einbeziehen – unabhängig vom Ausgang der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative.»
Grundsätzlich positiv reagiert Ständerat Pirmin Bischof (CVP, SO): «Der Koordinator muss aber bei den Verhandlungen die roten Linien von Bundesrat, Parlament und Kantonen im Auge behalten.» Enthusiasmus sei fehl am Platz. Gefragt sei ein kühler Kopf.